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eben wieder zu lebendigen Menschen
zusammensetzen muss.
Inwieweit sich alle Einzelheiten mei
nes vorliegenden Aufsatzes historisch
belegen lassen, ist eher zweitrangig.
Meine Absicht war es, eine unterhalt
same Geschichte zu erzählen, welche
die Entstehung des Namens «Züsler»
einigermassen plausibel deutet, aber
bestimmt auch andere Erklärungs
versuche zulässt.
Der Name «bschissen Meis» ist nicht
etwa abwertend gemeint. Das Wort
«bschissen» wurde zu jener Zeit
gleichwertig behandelt wie «klein»
und dient hier zur Unterscheidung
zwischen dem «grossen» Meis in der
Seez-Ebene und dem «kleinen» Meis
(= Mäls) ennet dem Rhein am Fusse
des Ellhorn. Diese Bezeichnung ist
beispielsweise nachgewiesen auf ei
nem Stich von Hans Conrad Gyger aus
dem 17. Jahrhundert. «Klein Meis» ist
auf der Karte des Fürstentums Liech
tenstein aus dem Jahre 1756 von
Obristleutnant Kolleffel erwähnt.
Was das Gebiet «Züsler» betrifft, bleibt
anzumerken, dass für dieses vor 1800
keine präzise Flurbezeichnung nach
zuweisen ist, wohl auch deshalb, weil
es sich um Überschwemmungsgebiet
des Rheins handelte, das erst durch
die Wühlarbeiten der Balzner Bevöl
kerung und die Errichtung des alten
Hochwasserschutzdammes urbar ge
macht werden konnte. Darauf deuten
etwa die Bezeichnungen «Äule» oder
«Rheinau» hin. Mit «Au» werden im
ganzen deutschen Sprachraum fluss
nahe, temporäre Überschwemmungs
gebiete bezeichnet (z. B. die so ge
nannten Auenwälder). Diese Deutung
wird gestützt durch die zeitgenössi
schen kartographischen Aufnahmen,
die vom 16. bis 18. Jahrhundert für
dieses Gebiet durchwegs Überschwem
mungsflächen, Kiesbänke und Auen
wälder zeigen.
Auf einen Flussübergang zwischen
Balzers und Wartau weist die Flur
bezeichnung «Schefflände» hin. Auch
der Hinweis auf die «Kesgrueb» als
Begräbnisstätte für unseren «Züsler»
passt in diesen Zusammenhang. Kies
gruben wurden zweckmässigerweise
in der Nähe von Flussufern angelegt,
was die Kiesgewinnung erheblich er
leichterte.
Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass
in diesem Gebiet die romanischen
Flurnamen vollständig fehlen, jedoch
entlang des Rheinlaufs, vom Ellhorn
bis gegen Triesen hin, mehrere Be
zeichnungen zu finden sind, die auf
Rodungsarbeiten hinweisen, wie etwa
«Rüttena» oder «Neugrütt». In diesen
Zusammenhang passt auch eine an
dere Deutung des Namens «Züsler».
Danach soll im Gebiet «Züsler» das
gerodete Holz und Gestrüpp zusam
mengetragen und verbrannt worden
sein. Beim Anblick der Rauchsäule
habe man dann im Dorf gemeint: «I
da Rüttena sind se wedr am Züsla!»