Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2003) (2003)

20 
Eine Badekur im Mineralbad. Die 
Kurgäste liegen in den Badzubem, 
Badmägde und -knechte fidlen war 
mes Wasser nach. 
Radierung, Ende 17. Jh., Germani 
sches Nationalmuseum, Nürnberg 
Aspekte: Zum einen war er für Beher 
bergung und Verpflegung der Gäste 
zuständig, zum anderen für deren hy 
gienische und medizinische Bedürf 
nisse. Dazu gehörten als hygienische 
Dienstleistung das «Scheren» (Schnei 
den von Kopf- und Barthaar) und das 
«Zwahen» (Waschen des Kopfhaares). 
Als medizinische Massnahme hatte 
der Badmeister das Schröpfen und 
Aderlässen zu beherrschen. 
Zu seiner Unterstützung musste ein 
Badmeister Badwärmer und Badmäg 
de einstellen. Diese hatten das Wasser 
zu wärmen, die Gäste zu bedienen 
und die Badkästen zu reinigen. 
Das Fläscher Wasser - ein 
Heilwasser? 
Erst in der Reise- und Bäderliteratur 
sowie im Prospekt über das «Fläscher 
Baadwasser» wurde das Fläscher Bad 
als Heilbad behandelt, dem Wasser 
heilende Kraft zugestanden. Dies 
hängt auf der einen Seite damit zu 
sammen, dass erst die adeligen Besit 
zer Mittel und Interesse hatten, ihr 
Bad mittels Werbeschriften bekannter 
zu machen. Auf der anderen Seite be 
gann man sich ab der Mitte des 
17. Jahrhunderts mit Hydrologie ein 
gehender auseinander zu setzen. Da 
mit ein Bad als Heilbad gilt, muss 
seine Quelle über eine spezielle 
Wasserqualität verfügen. Die erste Be 
schreibung des Fläscher Wassers 
stammt aus dem Prospekt «Fläscher 
Baadwasser». Es wird festgestellt, 
dass das Wasser so vielen Kranken ge 
holfen habe, dass «ja selbiges nicht ein 
schlecht gemeines blosses bach- oder 
brunnenwasser, sonder ein aqua com 
posita medicata und mit spirituali- 
schen essentys und qualitäten gewüs- 
ser mineren und metalen impregnirt 
seyn muss». 
Als Mineralien werden zwei Arten 
terra sigillata (nach zeitgenössischem 
Lexikon: Siegelerde, fetter, schwerer 
Ton), Salpeter und Stahl genannt. 
Auch Schwefel wurde erwähnt, den 
man allerdings nicht riechen konnte. 
Stahl wurde noch nicht so streng von 
Eisen getrennt wie heute und galt als 
Heilmittel. 
Eine ausführliche Beschreibung des 
Fläscher Wassers stammt aus Johann 
Jacob Scheuchzers «Natur-Geschich 
ten» aus dem Jahr 1708. Er untersuch 
te das Wasser vor Ort und bemerkt an 
erster Stelle; «Das reine, hellautere, an 
und für sich selbs in viel Weg gesunde 
Berg-Wasser». Dann fand er ebenfalls 
Terra Sigillata, ein Salz und Schwefel, 
jedoch weder Salpeter noch Stahl. Das 
Quellwasser wurde auch nach der 
Schliessung des Badebetriebs, nun 
mit besseren chemischen und physi 
kalischen Messmethoden, immer wie 
der getestet. Die jüngste hydrogeo- 
logische Probe von Ende März 2001 
ergab, dass das Wasser nicht als Mine 
ral- oder Heilwasser bezeichnet wer 
den kann, wohl aber als gut minerali- 
siertes und reines Quellwasser. 
Dass man gewöhnlichem Quellwasser 
Heilwirkung zugeschrieben hat, kann 
einerseits mit den damaligen Messme 
thoden, die nicht mit den heutigen ver 
glichen werden können, erklärt wer 
den. Andererseits baute die Medizin 
auf anderen Grundlagen auf als heute. 
Krankheiten wurden anders erklärt, 
und es wurden dementsprechend 
auch andere Heilmittel verwendet. Die 
Grundlage der damaligen Schulmedi 
zin war die Säftelehre, die davon aus 
ging, dass im Inneren des Menschen 
verschiedene Säfte zirkulieren, die als 
trocken, warm, feucht und kalt be 
schrieben wurden. Als gesund galt ein 
Mensch, dessen Säfte im Gleichge 
wicht waren. Krankheit konnte durch 
Verstopfung des Flusses oder über 
mässige Säure oder Schärfe der Säfte 
verursacht werden. Heilende Wasser 
spielten in dieser Lehre eine grosse 
Rolle, ob sie nun getrunken wurden 
oder von aussen in Form von Bädern 
auf das Gleichgewicht der Säfte und 
somit auf die Gesundheit des Men 
schen einwirkten. So beschrieb die 
medizinisch gebildete Hortensia von 
Salis (1659-1715) die Wirkung des Flä 
scher Wassers folgendermassen; «Dann 
dises Wasser fliesset von einer alcali- 
schen Erden und führet Terram sigil 
latam bey sich, und ist seine Krafft zu 
trökenen, säuberen, heilen und zu- 
samen zuzeuhen; fürnemlich aber die 
Verstopfungen zueröffnen und das 
scharffsaure zu verschlingen.» 
In den erwähnten Beschreibungen des 
Bades werden auch die Gebrechen an 
geführt, die dort erfolgreich ausgeba 
det werden konnten. In der Badschrift 
werden Fälle genannt, die von folgen 
den Krankheiten geheilt wurden: 
• Öffnung der verstopften oder Stil 
lung der überflüssigen Monatsblum 
von Frauen 
• Offene Schenkel oder offener Scha 
den am Genick, die unter «allerley 
offene Schäden, alte und newe» ge 
zählt werden
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.