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P assendes Weihnachtsgeschenk.
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Ferdinand Nigg (1865-1949)
Abb. rechts:
Anzeige im Liechtensteiner Volksblatt
vom 17. Dezember 1897
Buches. Ferdinand gab Hermine gute
Ratschläge, erkundigte sich nach den
Druckkosten und verglich die Preise
von verschiedenen Verlagen. Gleich
zeitig kümmerte er sich um die Ge
staltung des Buches: Einband, Verzie
rungen, Anfangsbuchstaben und an
deres mehr. Hermine fühlte sich
schuldig, Ferdinand so in Anspruch
zu nehmen. Je mehr Aufgaben er
übernahm, umso unselbständiger
wurde sie. In einem Brief vom 4. Au
gust 1897 bat Ferdinand seine Cousi
ne, ihm das Manuskript zum Lesen zu
geben. Er schrieb, dass es ihm schwer
falle, ein Buch zu gestalten, dessen In
halt er gar nicht kenne. Ausserdem
war Ferdinand ein Perfektionist. Am
21. August 1897 hatte Ferdinand die
Geschichte gelesen. Seine Kritik war
niederschmetternd: «Dein Roman hat
mir theilweise sehr gut gefallen,
theilweise aber gar nicht, gefallen ha
ben mir die Beschreibungen, miss
fallen die Dialoge. Letztere (es ist
schade) verteufeln das ganze Werk.» 2
In dem folgenden Briefwechsel disku
tierten Hermine und Ferdinand die
Papiermuster und andere Details, die
das Buch betrafen. Hermines Unsi
cherheit nahm immer mehr zu. Die
Drucklegung schien sie so sehr zu be
lasten, dass sie die ganze Sache ver
gessen wollte. Doch es war zu spät.
Sie wollte ihren Vetter nicht beleidi
gen. Er hatte sich solche Mühe gege
ben, und sie konnte ihn nicht mehr
abweisen. Ferdinand hingegen he
merkte Hermines Zustand nicht und
kritisierte ihren Schreibstil weiter.
Ihm schien es, als wollte sie protzen.
Er machte sie darauf aufmerksam,
dass es ihrer Sprache an Noblesse
mangeln würde, ihre Ausdrücke wä
ren schlecht angebracht und die Figu
ren im Roman nicht wahr, nicht le
bendig. In Liechtenstein würde der
Roman wahrscheinlich viel Anklang
finden. Von Menschen aber, die
wüssten, was wirklich gut und schön
sei, dürfte sie keine günstige Kritik er
warten, nur aufgrund der Dialoge:
«... es könnte Dich später noch reuen,
das Buch so heraus gegeben zu ha
ben.» 3 Hermine fühlte sich von Ferdi
nands Kritik verletzt, stellte sie jedoch
nie in Frage. Sie hegte immer mehr
Selbstzweifel, begann an Depressio
nen zu leiden und wollte mit dem
Schreiben ganz aufhören. Um auch
noch andere Meinungen einzuholen,
gab Hermine ihren Roman verschie
denen Leuten zu lesen. Doch jeder
sagte etwas anderes. Sie schrieb Fer
dinand, dass sie die ganze Sache
dermassen anekle, sie könne gar nicht
sagen wie.
Mitte November 1897 wurden die Ver
leger und Drucker ungeduldig. Sie
wollten das Buch noch zu Weihnach
ten auf den Markt bringen. Nun stand
Hermine zusätzlich unter Zeitdruck,
doch wollte sie niemanden merken
lassen, «... wie blöd mir der ganze
Plunder vorkommt.» 4
Anfang Dezember war Ferdinand mit
der Gestaltung des Titelblattes fertig,
und das Buch konnte endlich ge
druckt werden. Doch der Verleger
Hermann Fiebig in Chur änderte ei
genmächtig Ferdinands hübschen
Entwurf und verpfuschte ihn. Dazu
plagte Hermine die Sorge, sich in ein
finanzielles Abenteuer gestürzt zu ha
ben, denn sie hatte die Kosten für den
Buchdruck selbst zu tragen.
Am 17. Dezember 1897 erschien eine
Annonce des Romans «Gutenberg-
Schalun» in der Neuen Bündner Zei
tung, im Liechtensteiner Volksblatt
und im Berliner Tagblatt. Die Kritiken
fielen meist recht lobend und zustim
mend aus. Hermine verschickte «Gu-
tenberg-Schalun» als Weihnachtsge
schenk an ihre Familie und Bekannte
sowie an ihre Schulfreundinnen und
die Klosterschwestern. Die meisten
der Beschenkten waren von dem Ro
man begeistert. Besonders die Natur
schilderungen gefielen den Leserin
nen und Lesern. Doch es gab auch
weniger wohlwollende Kritik, welche
Hermine als persönliche Anfeindung
auffasste. Sie litt sehr darunter.
In Hermines Briefen machte sich in
den 1890er Jahren Pessimismus be
merkbar. Anfang 1898 nahmen ihre
Depressionen zu. Obwohl sie sich
freute, dass ihr Buch im Grossen und
Ganzen gut aufgenommen wurde,
setzte ihr jede negative Kritik stark
zu. So schrieb sie ihrem Cousin Ferdi
nand: «Ferdinand, weisst Du nichts,
dass ich mich aus diesem elenden Zu
stande aufzurütteln vermöchte? Soll
ich die Schreiberei an den Nagel hän
gen oder mit kleinen Skizzen (Stu
dien) versuchen? Siehst Du, zu Dir
darf ich es ganz offen aussprechen,
wie geistig elend ich oft darnieder
liege ,..» 5
Immer wieder erwähnte sie ihren
«moralischen Katzenjammer», aus
dem sie sich nicht mehr befreien
konnte. Ein weiterer Grund für
Hermines Traurigkeit könnte die Ein-