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ten uns ganz vorsichtig, um nieman
den zu stören. Aber das Holz knarrte
manchmal trotzdem laut in die Stille.
Ich bemühte mich, sehr leise zu flüs
tern, aber bei soviel Stille war jedes
Wort zu hören und wirkte störend.
Wenn einmal niemand ausser uns in
der Kapelle war, sind wir Kinder zur
Empore hinaufgegangen mit dem Ge
fühl, etwas Verbotenes zu tun.
Zurück beim Brunnen beginnt in die
andere Richtung «d Iradug». Iradug
und Praiawisch sind meine bevorzug
ten Strassennamen. Sie sind eigen
und gehören für mich zu Balzers wie
der Föhn oder der Mittlerspitz. An ei
nem Nachmittag war ich mit einer
Schulkollegin in der Iradug unter
wegs. Wir kamen an einem Stall mit
offener Stalltür vorbei. Ich war neu
gierig. Was wir zu sehen bekamen,
war eine Kuh, die gerade gekalbt hat
te. Das hatte ich noch nie gesehen.
Ich sah Kühe auf der Strasse, wenn
diese auf dem Weg zu einer Wiese
oder zurück in den Stall waren oder
wenn sie an einem der vielen Dorf
brunnen tranken. Ich erlebte oft,
wenn «s Vää» von der Alp kam, mit
Kunstblumen geschmückt, mit gros
sen und kleinen Glocken um den
Hals. Das war ein Glockenklang!
Wenn eine Kuh die Herde verliess,
wurde sie sofort von Hirten und Hun
den zurückgeholt. Die Verfolgung be
schleunigte die Kuh, und das Gebim
mel, die Glocke, geriet aus dem
gleichmässigen Rhythmus der Herde.
Kuhglocken hörte ich auch beim Ein
schlafen, wenn die Kühe auf der
«Alpmää» waren. Dann waren Som
mer und Ferien nicht mehr weit.
Ich erinnere mich an zwei «grosse»
Brände in meiner Kindheit. Das eine
war ein Hausbrand in der Iradug, von
dem ich nur erzählen gehört habe.
Der zweite Brand betraf einen Stall in
unserer Nähe. Ich musste einfach wis
sen, wie es dort danach aussah. Das