Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2002) (2002)

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gefaulte Astlöcher und im Siedlungs 
raum Rollladenkästen, Fassadenhohl 
räume und Lüftungsschächte an ho 
hen Gebäuden. Auch der Grosse 
Abendsegler gehört zu den Fern 
wanderern unter unseren Fledermäu 
sen. Jeden Frühling verlassen die 
trächtigen Weibchen Mitteleuropa, 
um im Nordosten, also in Polen, im 
Baltikum und in Nordrussland ihre 
Jungen zur Welt zu bringen, ehe sie ab 
Ende August wieder ihre mitteleuro 
päischen Überwinterungsgebiete auf 
suchen. Im Sommer sind bei uns le 
diglich Männchen anzutreffen. 
Auf Balzner Gemeindegebiet wurde 
diese eher häufige Art erst einmal ge 
funden. Am 4. September 1982 lag an 
der Alten Churer Strasse ein totes Tier 
in einer Wiese. Weitaus ergiebiger 
aber ist ein Aufspüren des Grossen 
Abendseglers mit dem Batdetektor. 
Da diese Art auf der für Fledermäuse 
sehr tiefen Frequenz von rund 20 kHz 
ortet und dieser Ruf zudem einen sehr 
charakteristischen Klang und Rhyth 
mus hat, ist es leicht möglich, sie auch 
ohne weitere technische Hilfsmittel 
lediglich auf Grund ihres Rufes anzu 
sprechen. So kann der Grosse Abend 
segler regelmässig beim Jagen über 
den Beleuchtungsmasten auf der 
Rheinbrücke gehört werden. Das 
bläulich-weisse Licht der Quecksil 
berdampflampen mit ihrem hohen 
UV-Anteil lockt besonders viele Insek 
ten an, die neben dem Abendsegler 
auch andere Fledermausarten zu nut 
zen wissen. 
Kleiner Abendsegler 
(Nyctalus leisleri) 
Als mittelgrosse Art sieht der Kleine 
Abendsegler seinem grossen Vetter 
sehr ähnlich, ist aber nur halb so 
schwer und weist eine etwa um 10 cm 
geringere Flügelspannweite auf. Kur 
ze, abgerundete Ohren und der pilz 
förmige Tragus deuten die nahe Ver 
wandtschaft an. Neben Baumhöhlen 
bezieht er als Quartier oft auch Vogel- 
und Fledermauskästen. Nach einem 
frühen Ausflug, oft schon am Nach 
mittag, wird ebenfalls schnell und 
hoch im offenen Luftraum gejagt, 
aber auch über Wäldern und Gewäs 
sern. Wie beim Grossen Abendsegler 
wandern die Weibchen gleichfalls auf 
der Achse Südwest/Nordost und brin 
gen meist Zwillinge zur Welt. 
Der Erstnachweis dieser Art für das 
Balzner Gemeindegebiet gelang im 
vergangenen Herbst, als bei einer 
Kontrolle der Fledermauskästen im 
Eggerswald vier Kleine Abendsegler 
in Kasten Nr. 3 angetroffen wurden. 
Die infolge des warmen Wetters hell 
wachen Tiere flogen sofort aus. Ledig 
lich ein Weibchen konnte gefangen 
werden. Vermutlich handelte es sich 
um ein Paarungsquartier, also um ein 
Männchen mit seinem aus drei Da 
men bestehenden Harem. 
Da der seltenere Kleine Abendsegler 
wie sein grosser Vetter ebenfalls zu 
den wandernden Arten gehört, sein 
Zugverhalten aber noch sehr lücken 
haft bekannt ist, wurde vor kurzem 
ein europaweites Forschungsprojekt 
gestartet, in dessen Rahmen das ge 
fangene Weibchen mit einer Alumi 
niumspange am Unterarm markiert 
und dann wieder freigelassen wurde. 
Breitflügelfledermaus 
(Eptesicus serotinus) 
Die vierte unserer grossen Fleder 
mausarten besitzt eine dunkelbraune 
Fellfarbe. Die nackten Hautstellen im 
Gesicht und die Flughäute sind 
schwarzbraun. Mit ihren namen 
gebenden breiten Flügeln fliegt sie 
mit langsamen und gleichmässigen 
Flügelschlägen durch Gärten und 
Parks, entlang von Waldrändern und 
um Baumgruppen, häufig aber auch 
um Strassenlampen, um Jagd auf 
Grossinsekten - wie Nachtfalter und 
Käfer - zu machen. 
Obwohl sich ihre Quartiere meist im 
Siedlungsraum in Zwischendächern 
oder hinter Wandverkleidungen und 
seltener in Baumhöhlen befinden, 
wird diese Art oft übersehen. Der ers 
te Quartiernachweis für unser Land 
gelang im Jahr 2000 in Gamprin, und 
der erste Fang eines Tieres erfolgte im 
Sommer 2001 über dem Binnenkanal 
bei der Vaduzer ARA. Durch Detektor- 
Wochenstuben als Kinderkrippen 
Die Zeit der Trächtigkeit, der Ge 
burt und der Jungenaufzucht ver 
bringen Fledermausweibchen in 
grösseren Gemeinschaften, den so 
genannten Wochenstuben, die 
beim Mausohr mitunter mehrere 
Tausend Tiere umfassen können. 
Da Fledermäuse in Schlechtwetter 
perioden gezwungen sind, ihre 
Körpertemperatur aus Energiespar 
gründen abzusenken, was während 
der Trächtigkeit zu einer verzöger 
ten Entwicklung des Embryos 
führt, bietet der «Cluster», wie die 
Fachwelt den Knäuel aus Fleder- 
mausleibem nennt, die Möglich 
keit, durch «soziale Thermoregu 
lation» die Körpertemperatur auch 
an kühlen Tagen auf normalem Ni 
veau zu halten. 
Die meisten Fledermausarten ge 
bären in der Regel nur ein Junges 
pro Jahr, das bei der Geburt bis zu 
einem Drittel des Gewichts der 
Mutter erreicht. Rund eine Woche 
lang ist es noch nackt und blind, 
kann sich aber bereits selbständig 
am Dachbalken festhalten, wo es 
während des nächtlichen Jagd- 
Auges der Mutter zurückgelassen 
wird. Mit rund vier Wochen wird es 
bereits Aügge und unternimmt ers 
te JagdAüge. Die mütterlichen Zit 
zen trösten aber weiterhin über 
fehlendes Jagdglück hinweg. 
Wenn sich im August die Wochen 
stuben auAösen, haben die Männ 
chen bereits ihre Paarungsquar 
tiere bezogen und warten auf das 
Eintreffen der Weibchen, die sie 
mit Balzrufen und -Aügen in ihr 
Quartier zu locken versuchen. Je 
des Weibchen paart sich mit meh 
reren Männchen und speichert die 
Spermien in Gebärmutter und Ei 
leiter, denn der Eisprung erfolgt 
erst nach dem Winterschlaf Ende 
März bis Anfang April.
	        

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