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gefaulte Astlöcher und im Siedlungs
raum Rollladenkästen, Fassadenhohl
räume und Lüftungsschächte an ho
hen Gebäuden. Auch der Grosse
Abendsegler gehört zu den Fern
wanderern unter unseren Fledermäu
sen. Jeden Frühling verlassen die
trächtigen Weibchen Mitteleuropa,
um im Nordosten, also in Polen, im
Baltikum und in Nordrussland ihre
Jungen zur Welt zu bringen, ehe sie ab
Ende August wieder ihre mitteleuro
päischen Überwinterungsgebiete auf
suchen. Im Sommer sind bei uns le
diglich Männchen anzutreffen.
Auf Balzner Gemeindegebiet wurde
diese eher häufige Art erst einmal ge
funden. Am 4. September 1982 lag an
der Alten Churer Strasse ein totes Tier
in einer Wiese. Weitaus ergiebiger
aber ist ein Aufspüren des Grossen
Abendseglers mit dem Batdetektor.
Da diese Art auf der für Fledermäuse
sehr tiefen Frequenz von rund 20 kHz
ortet und dieser Ruf zudem einen sehr
charakteristischen Klang und Rhyth
mus hat, ist es leicht möglich, sie auch
ohne weitere technische Hilfsmittel
lediglich auf Grund ihres Rufes anzu
sprechen. So kann der Grosse Abend
segler regelmässig beim Jagen über
den Beleuchtungsmasten auf der
Rheinbrücke gehört werden. Das
bläulich-weisse Licht der Quecksil
berdampflampen mit ihrem hohen
UV-Anteil lockt besonders viele Insek
ten an, die neben dem Abendsegler
auch andere Fledermausarten zu nut
zen wissen.
Kleiner Abendsegler
(Nyctalus leisleri)
Als mittelgrosse Art sieht der Kleine
Abendsegler seinem grossen Vetter
sehr ähnlich, ist aber nur halb so
schwer und weist eine etwa um 10 cm
geringere Flügelspannweite auf. Kur
ze, abgerundete Ohren und der pilz
förmige Tragus deuten die nahe Ver
wandtschaft an. Neben Baumhöhlen
bezieht er als Quartier oft auch Vogel-
und Fledermauskästen. Nach einem
frühen Ausflug, oft schon am Nach
mittag, wird ebenfalls schnell und
hoch im offenen Luftraum gejagt,
aber auch über Wäldern und Gewäs
sern. Wie beim Grossen Abendsegler
wandern die Weibchen gleichfalls auf
der Achse Südwest/Nordost und brin
gen meist Zwillinge zur Welt.
Der Erstnachweis dieser Art für das
Balzner Gemeindegebiet gelang im
vergangenen Herbst, als bei einer
Kontrolle der Fledermauskästen im
Eggerswald vier Kleine Abendsegler
in Kasten Nr. 3 angetroffen wurden.
Die infolge des warmen Wetters hell
wachen Tiere flogen sofort aus. Ledig
lich ein Weibchen konnte gefangen
werden. Vermutlich handelte es sich
um ein Paarungsquartier, also um ein
Männchen mit seinem aus drei Da
men bestehenden Harem.
Da der seltenere Kleine Abendsegler
wie sein grosser Vetter ebenfalls zu
den wandernden Arten gehört, sein
Zugverhalten aber noch sehr lücken
haft bekannt ist, wurde vor kurzem
ein europaweites Forschungsprojekt
gestartet, in dessen Rahmen das ge
fangene Weibchen mit einer Alumi
niumspange am Unterarm markiert
und dann wieder freigelassen wurde.
Breitflügelfledermaus
(Eptesicus serotinus)
Die vierte unserer grossen Fleder
mausarten besitzt eine dunkelbraune
Fellfarbe. Die nackten Hautstellen im
Gesicht und die Flughäute sind
schwarzbraun. Mit ihren namen
gebenden breiten Flügeln fliegt sie
mit langsamen und gleichmässigen
Flügelschlägen durch Gärten und
Parks, entlang von Waldrändern und
um Baumgruppen, häufig aber auch
um Strassenlampen, um Jagd auf
Grossinsekten - wie Nachtfalter und
Käfer - zu machen.
Obwohl sich ihre Quartiere meist im
Siedlungsraum in Zwischendächern
oder hinter Wandverkleidungen und
seltener in Baumhöhlen befinden,
wird diese Art oft übersehen. Der ers
te Quartiernachweis für unser Land
gelang im Jahr 2000 in Gamprin, und
der erste Fang eines Tieres erfolgte im
Sommer 2001 über dem Binnenkanal
bei der Vaduzer ARA. Durch Detektor-
Wochenstuben als Kinderkrippen
Die Zeit der Trächtigkeit, der Ge
burt und der Jungenaufzucht ver
bringen Fledermausweibchen in
grösseren Gemeinschaften, den so
genannten Wochenstuben, die
beim Mausohr mitunter mehrere
Tausend Tiere umfassen können.
Da Fledermäuse in Schlechtwetter
perioden gezwungen sind, ihre
Körpertemperatur aus Energiespar
gründen abzusenken, was während
der Trächtigkeit zu einer verzöger
ten Entwicklung des Embryos
führt, bietet der «Cluster», wie die
Fachwelt den Knäuel aus Fleder-
mausleibem nennt, die Möglich
keit, durch «soziale Thermoregu
lation» die Körpertemperatur auch
an kühlen Tagen auf normalem Ni
veau zu halten.
Die meisten Fledermausarten ge
bären in der Regel nur ein Junges
pro Jahr, das bei der Geburt bis zu
einem Drittel des Gewichts der
Mutter erreicht. Rund eine Woche
lang ist es noch nackt und blind,
kann sich aber bereits selbständig
am Dachbalken festhalten, wo es
während des nächtlichen Jagd-
Auges der Mutter zurückgelassen
wird. Mit rund vier Wochen wird es
bereits Aügge und unternimmt ers
te JagdAüge. Die mütterlichen Zit
zen trösten aber weiterhin über
fehlendes Jagdglück hinweg.
Wenn sich im August die Wochen
stuben auAösen, haben die Männ
chen bereits ihre Paarungsquar
tiere bezogen und warten auf das
Eintreffen der Weibchen, die sie
mit Balzrufen und -Aügen in ihr
Quartier zu locken versuchen. Je
des Weibchen paart sich mit meh
reren Männchen und speichert die
Spermien in Gebärmutter und Ei
leiter, denn der Eisprung erfolgt
erst nach dem Winterschlaf Ende
März bis Anfang April.