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angenommen werden, nachdem seit
den frühen 1980er Jahren die Pesti
zidbelastung deutlich zurückgegan
gen ist und sich die Bestände anderer
Fledermausarten, aber auch etlicher
Insekten fressender Vogelarten, wie
der zu erholen beginnen. Der Aargauer
Fledermausforscher Andres Beck sieht
auch im Verschwinden der Hoch
stammobstbäume und in der Zunah
me der Ackerflächen zu Ungunsten
der extensiv genutzten Wiesen und
Weiden einen direkten Zusammen
hang mit der andauernden Bestandes
abnahme einiger Restpopulationen
der Grossen Hufeisennase.
Grosses Mausohr (Myotis myotis)
Diese grösste einheimische Art ist ein
ausgesprochener Nahrungsspezialist.
In Unterholz freien Wäldern, lichten
Buchenwäldern oder älteren Fichten
forsten jagt das Grosse Mausohr nach
Laufkäfern der Familie Carabidae.
Diese flugunfähigen Grossinsekten wer
den nach einem Suchflug in rund ei
nem Meter Höhe am Boden erbeutet,
wobei meist auf den Einsatz der
Ultraschallpeilung verzichtet und die
Beute lediglich durch deren Krabbel
geräusche geortet wird. Ein saisona
les Höchstangebot an speziellen Beu
tetieren, wie Schnaken auf spätsom
merlichen Wiesen und Weiden, kann
das Mausohr vorübergehend aber
auch aus dem Wald locken. Fliegende
Kalorienbomben in Form von Maikä
fern veranlassen das Mausohr sogar
zu einer Änderung der Jagdstrategie,
indem die Beute im freien Luftraum
gejagt und geschlagen wird.
Als Quartiere benötigt das Grosse
Mausohr in der Regel grosse warme
Dachstöcke, in denen die Weibchen
jeden Sommer gemeinsam ihre Jun
gen aufziehen. Solche so genannten
Wochenstuben waren früher in meh
reren Kirchen unseres Landes zu fin
den. Als letzte ist die Pfarrkirche
Triesen übriggeblieben. In unmittel
barer Nachbarschaft befindet sich
aber auch die Pfarrkirche von Fläsch,
wo sich jedes Jahr eine über 1000-
köpfige Mischkolonie von Grossen
und Kleinen Mausohren versammelt,
die grösste der Schweiz. Beobachtun
gen an markierten Mausohren haben
gezeigt, dass die benachbarten Quar
tiere durchaus bekannt sind und auch
gelegentlich aufgesucht werden.
Die Männchen sind ausserhalb der
Paarungszeit ausgesprochene Einzel
gänger und halten sich meist in Spalt
quartieren in und an Gebäuden auf,
wo sie gelegentlich durch ihre rund
12 mm langen, glänzend schwarzen
Kotwürstchen auffallen. Solche wur
den auch schon in der Balzner Pfarr
kirche, sowohl im Turm wie im Est
rich, gefunden. Lebende Tiere konn
ten leider noch keine nachgewiesen
werden. Am Wohnhaus des Bauern
hofes im Fläscher Riet, unmittelbar
an der Landesgrenze, konnte ein be
sonderes Quartier des Grossen Maus
ohres festgestellt werden. Die Bewoh
ner hatten sich über die Kotbelästi
gung direkt vor der Haustüre beklagt.
Grund dafür war ein Jagdpausen
quartier über dem Hauseingang. Ge
schützt durch ein ausladendes Vor
dach, versammelten sich jede Nacht
einige satte Mausohren, die nach einem
ersten Jagdflug hier ein Verdauungs
schläfchen hielten. Eine braune Ver
färbung des weissen Anstrichs, eine
mit Hilfe der Drüsen, die sich beidsei
tig zwischen Nase und Augen befin
den, angebrachte Duftmarke, verriet
den Hangplatz der Tiere. Ein unter dem
Hangplatz befestigtes Kotbrett hält
nun den Hauseingang wieder sauber.
Wasserfledermaus
(Myotis daubentonii)
Diese mittelgrosse Fledermausart
zeichnet sich ebenfalls durch ihre
ganz spezielle Jagdmethode aus. Sie
fliegt in nur wenigen Zentimetern Ab
stand über der Wasseroberfläche
langsam fliessender und stehender
Gewässer. Während die glatte Wasser
oberfläche nach dem physikalischen
Gesetz «Einfallswinkel = Ausfallswin
kel» die Ultraschalllaute der Fleder
maus nach vorne reflektiert, also kein
Echo zurückwirft, erhält diese von In
sekten, die ihre Larvenzeit im Wasser
verbracht haben und zum Schlüpfen
an die Oberfläche gestiegen sind, ein
klares Signal. Mit den Hinterbeinen
oder der Schwanzflughaut keschert
sie die Beute meist direkt von der
Wasseroberfläche weg.
Da die Balzner Gewässer eigentlich zu
klein sind, um als Jagdgebiete von
Wasserfledermäusen zu dienen, sind
Nachweise von Wasserfledermäusen
auf Balzner Gemeindegebiet rar. Le
diglich auf dem Kanalabschnitt zwi
schen der alten Mühle und der Ge
meindegrenze zu Triesen, im Gebiet des
Neugrütt, kann diese Art regelmässig
Die einzigen fliegenden
Säugetiere
Die Fledertiere sind die einzigen
wirklich fliegenden Säugetiere.
Zwar besitzen neben Riesengleit
fliegern aus der gleichnamigen
Säugerordnung und den Dorn
schwanzhörnchen, den Gleithörn
chen und den Gleitbilchen aus der
Ordnung der Nager auch die
Gleitbeutler die Fähigkeit, mit Hil
fe von seitlich - meist zwischen Ell
bogen und Knie - aufgespannten
Flughäuten oftmals über 100 m
weit zu segeln. Unweigerlich verlie
ren sie dabei aber an Höhe, und
nur den Fledertieren bleibt es Vor
behalten, Flughöhe und -richtung
jederzeit zu ändern und damit
wirklich zu fliegen. Dabei handelt
es sich keineswegs um ein unbe
holfenes Flattern - ein Eindruck,
den der unstete, von häufigen
Richtungswechseln gekennzeich
nete Flug der Fledermäuse durch
aus vermitteln kann -, sondern um
ein wendiges, dem Jagdverhalten
angepasstes und dem Vogelflug
ebenbürtiges Manövrieren im Luft
raum. Chiroptera (= Handflügler)
nennt die Wissenschaft diese flie
gende Säugetierordnung und un
terstreicht damit das wichtigste
anatomische Merkmal: die durch
extreme Verlängerung der Mittel
hand und der Finger zum Flügel
umgebildete Hand.