Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2002) (2002)

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angenommen werden, nachdem seit 
den frühen 1980er Jahren die Pesti 
zidbelastung deutlich zurückgegan 
gen ist und sich die Bestände anderer 
Fledermausarten, aber auch etlicher 
Insekten fressender Vogelarten, wie 
der zu erholen beginnen. Der Aargauer 
Fledermausforscher Andres Beck sieht 
auch im Verschwinden der Hoch 
stammobstbäume und in der Zunah 
me der Ackerflächen zu Ungunsten 
der extensiv genutzten Wiesen und 
Weiden einen direkten Zusammen 
hang mit der andauernden Bestandes 
abnahme einiger Restpopulationen 
der Grossen Hufeisennase. 
Grosses Mausohr (Myotis myotis) 
Diese grösste einheimische Art ist ein 
ausgesprochener Nahrungsspezialist. 
In Unterholz freien Wäldern, lichten 
Buchenwäldern oder älteren Fichten 
forsten jagt das Grosse Mausohr nach 
Laufkäfern der Familie Carabidae. 
Diese flugunfähigen Grossinsekten wer 
den nach einem Suchflug in rund ei 
nem Meter Höhe am Boden erbeutet, 
wobei meist auf den Einsatz der 
Ultraschallpeilung verzichtet und die 
Beute lediglich durch deren Krabbel 
geräusche geortet wird. Ein saisona 
les Höchstangebot an speziellen Beu 
tetieren, wie Schnaken auf spätsom 
merlichen Wiesen und Weiden, kann 
das Mausohr vorübergehend aber 
auch aus dem Wald locken. Fliegende 
Kalorienbomben in Form von Maikä 
fern veranlassen das Mausohr sogar 
zu einer Änderung der Jagdstrategie, 
indem die Beute im freien Luftraum 
gejagt und geschlagen wird. 
Als Quartiere benötigt das Grosse 
Mausohr in der Regel grosse warme 
Dachstöcke, in denen die Weibchen 
jeden Sommer gemeinsam ihre Jun 
gen aufziehen. Solche so genannten 
Wochenstuben waren früher in meh 
reren Kirchen unseres Landes zu fin 
den. Als letzte ist die Pfarrkirche 
Triesen übriggeblieben. In unmittel 
barer Nachbarschaft befindet sich 
aber auch die Pfarrkirche von Fläsch, 
wo sich jedes Jahr eine über 1000- 
köpfige Mischkolonie von Grossen 
und Kleinen Mausohren versammelt, 
die grösste der Schweiz. Beobachtun 
gen an markierten Mausohren haben 
gezeigt, dass die benachbarten Quar 
tiere durchaus bekannt sind und auch 
gelegentlich aufgesucht werden. 
Die Männchen sind ausserhalb der 
Paarungszeit ausgesprochene Einzel 
gänger und halten sich meist in Spalt 
quartieren in und an Gebäuden auf, 
wo sie gelegentlich durch ihre rund 
12 mm langen, glänzend schwarzen 
Kotwürstchen auffallen. Solche wur 
den auch schon in der Balzner Pfarr 
kirche, sowohl im Turm wie im Est 
rich, gefunden. Lebende Tiere konn 
ten leider noch keine nachgewiesen 
werden. Am Wohnhaus des Bauern 
hofes im Fläscher Riet, unmittelbar 
an der Landesgrenze, konnte ein be 
sonderes Quartier des Grossen Maus 
ohres festgestellt werden. Die Bewoh 
ner hatten sich über die Kotbelästi 
gung direkt vor der Haustüre beklagt. 
Grund dafür war ein Jagdpausen 
quartier über dem Hauseingang. Ge 
schützt durch ein ausladendes Vor 
dach, versammelten sich jede Nacht 
einige satte Mausohren, die nach einem 
ersten Jagdflug hier ein Verdauungs 
schläfchen hielten. Eine braune Ver 
färbung des weissen Anstrichs, eine 
mit Hilfe der Drüsen, die sich beidsei 
tig zwischen Nase und Augen befin 
den, angebrachte Duftmarke, verriet 
den Hangplatz der Tiere. Ein unter dem 
Hangplatz befestigtes Kotbrett hält 
nun den Hauseingang wieder sauber. 
Wasserfledermaus 
(Myotis daubentonii) 
Diese mittelgrosse Fledermausart 
zeichnet sich ebenfalls durch ihre 
ganz spezielle Jagdmethode aus. Sie 
fliegt in nur wenigen Zentimetern Ab 
stand über der Wasseroberfläche 
langsam fliessender und stehender 
Gewässer. Während die glatte Wasser 
oberfläche nach dem physikalischen 
Gesetz «Einfallswinkel = Ausfallswin 
kel» die Ultraschalllaute der Fleder 
maus nach vorne reflektiert, also kein 
Echo zurückwirft, erhält diese von In 
sekten, die ihre Larvenzeit im Wasser 
verbracht haben und zum Schlüpfen 
an die Oberfläche gestiegen sind, ein 
klares Signal. Mit den Hinterbeinen 
oder der Schwanzflughaut keschert 
sie die Beute meist direkt von der 
Wasseroberfläche weg. 
Da die Balzner Gewässer eigentlich zu 
klein sind, um als Jagdgebiete von 
Wasserfledermäusen zu dienen, sind 
Nachweise von Wasserfledermäusen 
auf Balzner Gemeindegebiet rar. Le 
diglich auf dem Kanalabschnitt zwi 
schen der alten Mühle und der Ge 
meindegrenze zu Triesen, im Gebiet des 
Neugrütt, kann diese Art regelmässig 
Die einzigen fliegenden 
Säugetiere 
Die Fledertiere sind die einzigen 
wirklich fliegenden Säugetiere. 
Zwar besitzen neben Riesengleit 
fliegern aus der gleichnamigen 
Säugerordnung und den Dorn 
schwanzhörnchen, den Gleithörn 
chen und den Gleitbilchen aus der 
Ordnung der Nager auch die 
Gleitbeutler die Fähigkeit, mit Hil 
fe von seitlich - meist zwischen Ell 
bogen und Knie - aufgespannten 
Flughäuten oftmals über 100 m 
weit zu segeln. Unweigerlich verlie 
ren sie dabei aber an Höhe, und 
nur den Fledertieren bleibt es Vor 
behalten, Flughöhe und -richtung 
jederzeit zu ändern und damit 
wirklich zu fliegen. Dabei handelt 
es sich keineswegs um ein unbe 
holfenes Flattern - ein Eindruck, 
den der unstete, von häufigen 
Richtungswechseln gekennzeich 
nete Flug der Fledermäuse durch 
aus vermitteln kann -, sondern um 
ein wendiges, dem Jagdverhalten 
angepasstes und dem Vogelflug 
ebenbürtiges Manövrieren im Luft 
raum. Chiroptera (= Handflügler) 
nennt die Wissenschaft diese flie 
gende Säugetierordnung und un 
terstreicht damit das wichtigste 
anatomische Merkmal: die durch 
extreme Verlängerung der Mittel 
hand und der Finger zum Flügel 
umgebildete Hand.
	        

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