Volltext: Balzner Neujahrsblätter (2000) (2000)

Rheinberger schuf beim Wiederaufbau ein Kunstwerk, das in romantischer Weise den 
Geist des Mittelalters hervorzaubern will. So zeugt die Burg auch ein bisschen von unse 
rem Umgang mit der Geschichte. Wir lassen uns vom Ambiente verzaubern. Auch das 
Balzner Altersheim wurde Schlossgarten getauft. In unserer Vorstellung ist Gutenberg 
ein Schloss, obwohl der Gedanke an eine etwas ungemütliche spätmittelalterliche Burg 
der historischen Wahrheit näher käme. Der Sinn steht nach Phantasievollem. 
Auf alten Flugaufnahmen aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg erkennt man ein zweige 
teiltes Dorf: Balzers und Mäls. Dazwischen - noch ziemlich einsam, genau in der Mitte - 
die Pfarrkirche, das alte Gemeindehaus und die alte Volksschule. Balzers hat kein histo 
risches Zentrum. Dem «Örtlegeist» wurde zu meiner Schulzeit noch sehr gefrönt. Erst 
durch die Gemeindebauten sind die beiden Ortsteile allmählich zusammengewachsen. 
Aber der Gedanke, dass man auf ein Ortszentrum (einen Kern, um den sich die Gemein 
schaft gruppiert) hinarbeiten sollte, hat sich noch zu wenig durchgesetzt. Einzig ein Res 
taurant dieses Namens lässt etwas Hoffnung aufkeimen. 
Neben den alten Bauten prägen die Gebäude der rasch gewachsenen Balzers AG das Orts 
bild. Balzers AG - ein denkwürdiger Name. Dass unsere Vorfahren einem ausländischen 
Industriebetrieb erlaubten, unseren Namen zu benutzen, hat mich immer etwas gewun 
dert. Heute könnte man sich das wohl nicht mehr vorstellen. Damals aber war der Be 
trieb der Stolz unserer Gemeinde. In der Gründungszeit wurde die Balzers AG als der 
Hoffnungsträger für die ganze Gemeinde angesehen. Und heute? Balzers - ein weltoffe 
nes, modernes Hightech-Unternehmen, das der globalen Konkurrenz erfolgreich stand 
hält? Das entspricht wohl nicht ganz dem Bild, das wir von uns selbst haben. 
In wenigen Jahrzehnten - in zwei Generationen - hat sich Balzers grundlegend verändert. 
Aber nicht alles hat sich in die gleiche Richtung entwickelt und nicht alle haben sich im 
gleichen Tempo gewandelt. Die kulturellen Unterschiede sind grösser geworden, die 
Meinungen und Mentalitäten vielfältiger. Das fordert uns, Integration und Toleranz sind 
gefragt. Balzers wandelt sich, ist unterwegs, nur die umschliessenden Berge bleiben un 
verrückbar an der gleichen Stelle stehen.
	        

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