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Helmut Ritter (1943)
Ich verbrachte meine Jugend in Bregenz, wo ich nach meiner Ausbildung auch arbeitete. Bei der Suche
nach einer nebenberuflichen Weiterbildung fand ich das Abendtechnikum in Vaduz. Um diese Möglich
keit wahrzunehmen, bewarb ich mich bei der Balzers AG. Im Juni 1962 kam ich dann nach Balzers und
arbeitete in der Konstruktionsabteilung. In Mäls, hinterm «Truuba», wohnte ich in Untermiete, ebenso
wie zwei Freunde von mir. Abends spielten wir Fussball mit FCB-Spielern auf dem Studentenplatz, oder
wir verbrachten unsere Freizeit im «Truuba», «Schlosshof», «Falknis» etwa mit Schach spielen und
Tischfussball. Dabei lernte ich aufgeschlossene, humorvolle Balzner kennen, wodurch zahlreiche herzli
che Kontakte und Freundschaften entstanden. Auf der anderen Seite waren zu dieser Zeit «d Ööstrii-
cher» bei manchen Balznern nicht sehr willkommen, was ich aber nicht direkt zu spüren bekam und
was mich deshalb auch nicht sehr störte. Am Wochenende fuhr ich jeweils nach Bregenz zu meiner
Mutter. Die Bongertfeste, Turnerkränzle, Silvester- und Maskenbälle an den Wochenenden wurden na
türlich nicht ausgelassen. Hier zeigte sich auch die Gemütlichkeit der Balzner. Bei Musik, Tanz und
Gesang wurde oft nach der Sperrstunde in privater Runde bis in die Morgenstunden gefeiert.
Am Arbeitsplatz waren wir ein internationales, interessantes und facettenreiches Team in einem Betrieb,
der im weiten Umkreis aufgrund der Vielfältigkeit der Fachgebiete seinesgleichen suchte und auch heu
te bei Besuchern immer wieder Erstaunen auslöst. Um das Studium auf dem Gebiet der Elektrotechnik
abzuschliessen, zog ich nach Zürich um. Trotz Plänen, nach der Ausbildung möglichst schnell weiter
nach Übersee ins Ausland zu wechseln, kam es ganz anders. Ich heiratete eine waschechte Balznerin, in
die ich mich kurz vor meinem Umzug nach Zürich verliebt hatte.
Nun lebe ich bereits 34 Jahre in Balzers. Wenn ich die erwachsenen Kinder, Nichten und Neffen betrach
te, scheinen die Jahre wie im Fluge vergangen zu sein. Ich fand Aufnahme, Geborgenheit und Unterstüt
zung in einer Grossfamilie mit all den schönen Festen im Kreise von Jung und Alt, wofür ich sehr
dankbar bin, weil dies heute immer weniger eine Selbstverständlichkeit ist.
In derselben Zeit entwickelte sich Balzers von einer ländlichen Gemeinde zu einem Dorf mit moderner
Infrastruktur. Trotzdem ist die Eigenheit der Balzner zu einem grossen Teil erhalten geblieben. Sie ist
geprägt durch eine gesunde Eigen- und Bodenständigkeit bei gleichzeitiger Aufgeschlossenheit für das
Neue. Dank dieser Eigenschaften ist es gelungen, einen Grossteil der Jugend in der Freizeit für Musik,
Gesang oder Sport zu gewinnen. Dies ist sicherauch ein Verdienst der verantwortlichen Institutionen in
der Gemeinde, mit denen ich während meiner Vorstandstätigkeit im Tischtennisclub gerne zusammen
arbeitete. Bei Problemen und Anliegen fand sich immer ein offenes Ohr.
Während mir früher die unmittelbare Nähe des Bodensees sehr fehlte, schätze ich heute die ideale Lage
von Balzers, um die Freizeit in der Natur zu verbringen, auch wenn uns der «Pföö» manchmal vertreibt.
Es ist herrlich, sich vor der Haustüre beim Joggen, Skifahren oder Wandern entspannen zu können. Die
Voraussetzungen dazu sind durch die laufend gepflegten Wanderwege und Einrichtungen optimal.
Durch geschäftliche und private Aufenthalte im Ausland, vor allem in Übersee, konnte ich das Fernweh
ein wenig kompensieren. Sicher, es gibt auch viele andere reizvolle Gegenden, wo man sich vorstellen
könnte zu leben. Aber es ist jeweils schön, wenn am Ende einer Reise ins Ausland Schloss Gutenberg
auftaucht und man nach Hause in ein intaktes Umfeld mit sehr guten Einrichtungen und Arbeitsmög
lichkeiten kommt.