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stark angestiegen, dass einige der ers
ten Tirailleure, die sich ins Wasser ge
stürzt hatten, von den Fluten fort
gerissen wurden und ertranken. Des
halb ordnete General Massena, der
die Flussüberquerung persönlich über
wachte, die Erstellung einer Bock
brücke an. Das dazu benötigte Holz
musste die Bevölkerung von Azmoos
und Trübbach in aller Eile am Scholl-
berg schlagen und zum Rhein trans
portieren. Dort wurden die einzelnen
Böcke zusammengezimmert und in
gleichmässigen Abständen in das ge
gen drei Meter tiefe, reissende Wasser
gesetzt. Die Verankerung jedes einzel
nen Bockes nahm viel Zeit in An
spruch, so dass es bis nachmittags
2 Uhr dauerte, bis die Brücke für die
Infanterie passierbar war.
Am rechten Rheinufer fanden die
Franzosen nur wenig Gegenwehr,
denn das bei Balzers und Mals pos
tierte Bataillon Gradiskaner war zur
Verstärkung der Festungsbesatzung
auf die Steig abgezogen worden. Ein
eiligst herbeigerufenes Bataillon des
Regiments de Vins kam zu spät, um
noch etwas ausrichten zu können.
Zwei französische Brigaden, von de
nen die eine unterhalb der Tardis-
brücke unter General Chabran, die
andere unter dem Befehl General
Borges bei Fläsch den Rhein über
schreiten sollte, konnten dies infolge
des hohen Wasserstands nicht be
werkstelligen. Deshalb erhielten sie
von Massena den Befehl, ebenfalls die
neu erstellte Bockbrücke bei Trüb
bach zu benützen.
Eroberung der Luziensteig
Nun sammelten sich die Franzosen an
der Stelle, die noch heute «Schiff
lände» genannt wird. Von hier aus
setzten sich drei Gruppen gegen die
Luziensteig in Bewegung. Die stärkste
Gruppe unter dem Bataillonskom
mandanten Durand hatte den Befehl,
über die Pradwiesen frontal gegen die
Festung vorzurücken. Eine kleinere
Einheit in der Stärke von zwei Kom
panien erreichte über Balzers das Pla
teau von And und von dort durch das
steile Guschatobel die Alp Guscha.
Das ohnehin schon unwegsame Ge
lände war infolge des gefallenen Neu-
«Plan vom St. Lucien-Steige samt der
Situation und den daselbst angelegten
Fort anno 1799»
schnees fast unpassierbar geworden,
und diese Einheit konnte den Befehl
nur unter Aufbietung der letzten Kräf
te ausführen. Die dritte Gruppe in
Stärke eines Bataillons erreichte über
Mäls die Höhen des Fläscherbergs
und rückte von dort gegen die Fes
tung vor.
Es war schon später Nachmittag, und
vier frontale Angriffe der Franzosen
waren von den Verteidigern der Fes
tung abgewiesen worden. Als die Dun
kelheit hereingebrochen war, gelang
es aber der von Guscha herab operie
renden Truppe unter ihrem Komman
danten Arnouil endlich, von Osten in
die Festung einzudringen und das Tor
aufzustossen. Damit war die Festung
gefallen. Oberstleutnant Hasslinger, der
Festungskommandant, wurde bei der
Erstürmung tödlich verwundet. Mit
ihm fielen noch 250 Mann, die sich
tapfer verteidigt hatten. Etwa 800
Österreicher wurden gefangen und