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transigente liechtensteinische Stand
punkt» sei nach Beratung mit dem
Fürsten in Wien festgelegt worden.
Dieser nehme Rücksicht auf seine
Besitzungen im Sudetenland und in
der Tschechoslowakei. In Liechten
stein schreite man kaum gegen die
NS-Propaganda ein, man lasse den
Dingen mehr oder weniger freien
Lauf. Das Fürstentum müsse Farbe
bekennen. 31 Der von Liechtenstein
noch nicht bezogene Kredit wurde
gesperrt. Das Departement beschul
digte Regierungschef Hoop, die posi
tiven Angaben bezüglich der Einstel
lung der Gemeinde Balzers gegen
über dem Landabtausch nur ge
macht zu haben, um die Gewährung
des angestrebten Kredits zu erschlei
chen. 32 Die Finanzdelegation der eid
genössischen Räte warnte den Bun
desrat vor weiteren Darlehen «an die
sen Staat». 33 Interessant ist, dass
Liechtenstein am 27. Juni 1941 vor
schlug, die noch unbereinigte Grenze
mit dem Kanton Graubünden zu revi
dieren, wobei das Ellhorn allerdings
nicht tangiert worden wäre. Die
Schweiz lehnte ab. Die politische
Lage sei zu unsicher und Liechten
stein selbst zu unzuverlässig, was sol
che Verträge verunmögliche. 34
Als Reminiszenz über die Verbitte
rung des Militärs sei angefügt, dass
der Direktor der Schweizer Volks
bank, E. Schoch, sich gegenüber Re
gierungschef Hoop darüber empört
zeigte, dass «ein eidg. Oberst in frevel
hafter Weise Behauptungen aufstel
len kann, welche die Ehre Ihres Lan
des berühren». 35 Der Korpskommis
sär Pfister, Sekretär des schweizeri
schen Müllerverbandes, hatte in die
Welt gesetzt, dass zwischen der
Schweiz und der liechtensteinischen
Regierung «über die Abtretung des
Ellhorn ein Vertrag bestanden» habe.
Dieser Vertrag sei vom Fürstentum
nicht erfüllt worden, weil Berlin «ab
gewunken» habe. Schoch schrieb
Pfister, seine Behauptung sei so «gro
tesk wie empörend», und behielt sich
vor, ihn in Bern einer militärgericht-
lichen Untersuchung unterwerfen zu
lassen.
Das Ellhorn kam bis auf weiteres
nicht mehr auf den Tisch. Solche Be
strebungen erschienen erfolglos, so
lange sich Liechtenstein «gegen jede,
auch die geringste und wenn auch
nur technisch motivierte Verschie
bung der Grenze» am Ellhorn aus
sprach und diese für die nächsten
fünf bis zehn Jahre als «sakrosankt»
bezeichnete. 36
Die Sarganser Festungspläne dulde
ten jedoch in militärischer Sicht kei
nen Aufschub. Es wurde weiter
gebaut. Am 5. Dezember 1940 besich
tigten Bundesrat Rudolf Minger und
General Henri Guisan die Anlagen in
Sargans. Für den weiteren Ausbau
wurde vom Bundesrat ein Kredit in
Höhe von 29 Millionen Franken be
willigt.
Ultimative Forderungen nach 1945
Nach dem Krieg war die Situation für
die Schweiz in bezug auf das Ellhorn
günstig. Man war heil aus dem Krieg
herausgekommen und wurde von der
Geschichte erst fünf Jahrzehnte spä
ter ganz eingeholt. Das Fürstentum
Liechtenstein wiederum hatte, wie in
einer Schrift über die Festung Sar
gans geschrieben wurde, «in bezug
auf einen Landabtausch an seiner
südlichen Landesgrenze keine Rük-
kenstärkung mehr, stand alleine und
musste wohl oder übel mit der
Schweiz Ellhorn-Verhandlungen auf
nehmen». 37 Auf Anregung von Gene
ral Guisan schlug Bundesrat Karl
Kobelt am 17. März 1945 seinem Kol
legen Max Petitpierre vom Politi
schen Departement vor, Abtretungs
verhandlungen mit Liechtenstein auf
zunehmen. 38 Der Moment sei gün
stig. 39 Der Kommandant der Festung
Sargans hielt damals die Aussage der
liechtensteinischen Regierung, sie sei
1938/39 von den Deutschen unter
Druck gesetzt worden, als «nicht un
glaubhaft». 40
Neue Verhandlungen 1947/48
Am 14. Februar 1947 wurde im Zu
sammenhang mit einer Konferenz
über fremdenpolizeiliche Massnah
men die Diskussion über das Ellhorn
in ultimativ anmutender Weise wie
der aufgenommen. Den Liechtenstei
nern wurde, wie es in den Quellen
heisst, 41 «etwas der Kopf gewaschen»,
gleichzeitig aber ein Entgegenkom
men signalisiert.
Darauf stieg Liechtenstein widerwil
lig in die Ellhorn-Verhandlungen ein.
Für die Schweiz war klar, dass sie das
Ellhorn bekommen würde. Liechten
stein konnte es nur noch darum ge
hen, ein gutes Verhandlungsergebnis
zu erzielen. Die liechtensteinische
Delegation skizzierte an der oben er
wähnten Konferenz ihre Forderun
gen, nachdem ihr die militärischen
Gründe des angestrebten Geländeab
tausches erläutert worden waren. Sie
hielt fest, dass ein Abschluss nur zu
erzielen sei, wenn Projekte vorgelegt
würden, welche den Abtausch gleich
grosser Gebiete vorsahen, und eine
ausgeglichene wertmässige Kompen
sation angeboten werde. 42
Die Verknüpfung der Ellhorn-Frage
mit fremdenpolizeilichen, finanziel
len, wirtschafts- und auch sicher-
heitspolitischen Bedingungen gab
der Schweiz die Möglichkeit, in allen
Bereichen Druck auszuüben. 43 Insbe
sondere die teilweise auf blossen Ver
dacht hin ausgesprochene Einreise
sperre gegen prominente Liechten
steiner entpuppte sich vorerst als
Hürde.
Opposition der Gemeinde Balzers
Die Gemeinde Balzers, die schon in
den Dreissigerjahren der Schweiz auf
mehr oder minder starken Druck hin
beträchtliche Flächen für militäri
sche Zwecke hatte verkaufen müs
sen, 44 wurde nach dem Krieg erneut
mit solchen Anträgen konfrontiert.
Die Gemeindeversammlung vom 19.
April 1947 jedoch fasste den Be
schluss, «grundsätzlich keinen Bo
den mehr für Festungsbauten zu ver
kaufen». 45 Sie befürchtete auch, im
Falle eines Gebietsabtausches gegen
das Ellhorn würde sie im Kriegsfall
im Feuerbereich von drei Festungen
stehen. 46 Die Position der Gemeinde
war eindeutig.
Bei einem Essen in der italienischen
Gesandtschaft wurde der liechten
steinische Botschafter in der Schweiz,
Prinz Heinrich von Liechtenstein,
gemäss einem Brief an die Regierung
in Vaduz von Bundesrat Kobelt auf
die Ellhorn-Frage angesprochen. 47
Der Gesandte legte dar, dass das
grosse Hindernis nicht Landtag, Fürst
und Regierung seien, sondern die Ge
meinde Balzers, deren Zustimmung
man laut Verfassung einholen müsse.
Er wisse, dass eine Ablehnung beim
Schweizer Militär «eine ungeheure
Verstimmung hervorrufen würde».