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Das Amtshaus in Balzers (1852-1997)
Arthur Brunhart
Das Amtshaus an der Landstrasse in
Balzers, das seit seinem Bau 1852
eines der stattlichsten Gebäude des
Dorfes ist und ursprünglich als
Zollamtsgebäude (darum die Be
zeichnung «Amtshaus») diente, hat
mehrere Besitzerwechsel hinter sich.
Das Grundbuch weist seit 1852 sie
ben Handänderungen auf, bis das
Amtshaus am 18. Mai 1982 in das
Eigentum der Gemeinde gelangte.
Der Anlass für seine Errichtung war
der Abschluss eines Zollvertrages
zwischen Liechtenstein und Öster
reich gewesen.
Der Zollverein mit Österreich 1852
Dieser Vertrag vom 5. Juni 1852 hatte
zur Folge, dass in Balzers ein «Hilfs
zollamt I. Klasse» (später «Nebenzoll
amt II. Klasse») eingerichtet werden
musste. Am Fusse der St. Luziensteig
- bei St. Katrinabrunna und am Mu-
rasträssle - sowie beim Rheinüber
gang wurden Zollposten (Ansagepo
sten) für die Finanzwache stationiert.
Unterkunft der Finanzorgane in
Balzers
Die österreichischen Grenzbeamten
tauchten am 31. Juli 1852 unerwartet
in Balzers auf, wo aber kein Zoll
amtsgebäude existierte! Der Balzner
Postmeister und Postwirt Franz
Wolfinger liess in seinem Haus eine
Unterkunft herrichten und die Stal
lungen unter den Wohnungen in
Kanzlei und Kassazimmer umän
dern. Am 9. August 1852 vermietete
er diese «zu ebener Erd hergestellte
Kanzlei für das Zollamt Balzers» und
einen Wagenschuppen als Zollma
gazin. Vorher schon hatte er sich ent
schlossen, die nötigen Räumlichkei
ten im gegenüberliegenden Gebäude
(Nr. 41) der Witwe Katharina Frick
herzurichten; am 7. August 1852
konnte er sich im Grundbuch als
Besitzer dieses Anwesens eintragen
lassen. Er hatte das Objekt durch
einen Tausch gegen das benachbarte
Haus Nr. 42 (spätere Sattlerei Frick)
erworben. Die Quartiere im Haus Nr.
41 waren aber so beschaffen, «dass
sich die Beamten nicht bequemen
konnten, darin ihre Wohnungen blei
bend zu nehmen».
Bau des Zollamtshauses 1852/1853
Ein am 8. November 1852 abge
schlossener Mietvertrag sah deshalb
den Umbau des Hauses Nr. 41 innert
eines Jahres zu einem Zollamtshaus
vor. Es sollte - für Balzner Verhält
nisse geradezu pompös - eine Drei
zimmerwohnung mit Küche, Speis
und Keller umfassen, dazu auf zwei
Stockwerken je eine Vierzimmer
wohnung und «ein heizbares Zim
mer für den zweiten Amtsaufseher»
samt Garten. Wolfinger musste den
Wagenschuppen als «Magazin-Lokal
ohne allen Vorbehalt» abtreten. Für
diese Leistungen erhielt Wolfinger
vom 1. Oktober 1853 bis 1. Oktober
1859 einen «jährlichen Mietzins».
Der Vermieter stellte vorerst vergeb
lich das Begehr nach einem Bau
kostenvorschuss für einen Hausum
bau. Eine Kostenberechnung vom
April/Mai 1853 ergab, dass die
Wolfingerschen Grundstücke einen
Wert von rund 1800 Gulden hatten
und das bestehende Haus Nr. 41 mit
1500 Gulden zu veranschlagen sei.
Ein Neubau koste mindestens 5000
Gulden. Wolfinger erhielt einen Vor
schuss in Silber (500 Gulden zinslos),
rückzahlbar zu einem Jahreszins von
vier Prozent in Silber und innert vier
einhalb Jahren. Der Postwirt liess das
Haus Nr. 41 abreissen und baute an
der gleichen Stelle das Zollamtshaus,
mit einer Tafel über dem Eingangstor
als «Finanzwachkaserne» gekenn
zeichnet. Später stellte er einen
neuen «Waarenschopf», einen Garten
und Holzschopf zur Verfügung.
Das Amtshaus steht zum Verkauf
(1856)
Am 7. Mai 1854 schrieb Franz Wol
finger an den Landesfürsten, dass er
als Postmeister und Gastwirt bei der
«unvorbereiteten Einführung der
Finanzwache» das Amtspersonal zu
erst in sein eigenes Haus aufgenom
men, dann sogar ein eigenes Amts
haus gebaut habe, das in «allen For
derungen vollkommen» entspreche
und «anerkannt eine Zierde des
Ortes» sei. Nun sei er «erst ein ange
hender Geschäftsmann u. jährlich
mehr gesegneter Familienvater».
Sein Einkommen sei «völlig null»,
seit «unserem isolierten Ländchen»
von der k. k. Postdirektion und der
Schweizer Post «seine letzten Post
wagen entzogen» worden seien. Er
wolle ihm deshalb das «schöne, soli
de und unverhältnismässig wohlfeile
Gebäude», wenn nötig auch samt
Garten und Sust-Gebäude, für die
Summe von 8500 Gulden verkaufen.
Der Fürst zeigte sich nicht abgeneigt
und forderte das Vaduzer Regie
rungsamt auf, die Baupläne, eine Be
schreibung und eine Schilderung des
Gebäudezustandes einzuschicken.
Wolfinger lieferte die neu angefertig
ten Pläne am 22. Januar 1856. Der
Garten gehöre zwar zu Nr. 45 (= Hotel
Post), könne aber «nach Wunsch ...
gegen den zum Zollamts-Gebäude
geschriebenen, 3 /4 Stund entfernten
Hausteil im Oberfeld eingetauscht
werden».
Räumliche Ausstattung des
Amtshauses
Wie der Landesverweser Johann
Michael Menzinger dem Fürsten
berichtete, war das Zollamtsgebäude
«wohl gelegen, ganz aus solidem
Material, trocken, zweckmässig ein
geteilt», mit einem «gewölbten run
den Keller» unter der Erde. Eben-