Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1998) (1998)

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Balzers um 1951 - gesehen mit den Augen 
eines ukrainischen Emigranten 
Cornelia Herrmann 
Am 10. August 1951 schickte die 
Fürstliche Regierung ein Schreiben 
an «Herrn Prof. Eugen Zotow, Va 
duz» mit folgenden kurzen Zeilen; 
«Unter Bezugnahme auf Ihr Gesuch 
um Gewährung eines Auswanderer 
beitrages ersuchen wir Sie noch um 
Vorlage eines Musters der von Ihnen 
für ein Liechtenstein-Album angefer 
tigten Stiche bzw. Gravüren.» 
Es handelt sich um eine Mitteilung 
an den Maler und Graphiker Eugen 
Zotow, der von 1938 bis 1953 mit sei 
ner Lebensgefährtin, der Tänzerin 
Malvina Vernici, in Liechtenstein 
gelebt und gearbeitet hat. Zotow 
wurde 1881 in der Ukraine als Ivan 
Miassojedoff geboren. In seiner 
Heimat wurde der hoffnungsvolle 
Künstler bald einmal mit Preisen der 
Moskauer Schule für Malerei, Bild 
hauerei und Baukunst sowie der St. 
Petersburger Akademie der Künste 
ausgezeichnet. Revolution und Bür 
gerkrieg gaben seinem Leben aber 
eine drastische Wende. Mit Frau und 
Kind floh Zotow vor anarchistischen 
Truppen und sowjetischem Militär. 
Auf dem Seeweg gelangte er über 
Istanbul und Triest nach Deutsch 
land. Ab 1921 lebte er als Emigrant in 
Berlin, bevor ihn das Schicksal wei 
tertrieb. Am 4. Juli 1938 reiste das 
Paar mit einem tschechischen Pass, 
ausgestellt auf Eugen Zotow und 
Malvina Zotowa, in Liechtenstein ein 
und nahm Wohnsitz in Vaduz. 
In den folgenden Jahren malte der 
Künstler für liechtensteinische Bür 
ger eine Vielzahl von Porträts, Blu 
menstilleben und Landschaften. 
Auch Regierung und Fürstenhaus 
gehörten zu seinen Auftraggebern. In 
dem oben erwähnten Schreiben ist 
die Rede von einem Liechtenstein- 
Album - heute auch als sogenannte 
Gemeindemappe bekannt. Es han 
delt sich um ein Sammelwerk mit 
Abb. 1: «Balzers», aus dem Sammel 
werk «Radierungen aus den 11 Ge 
meinden des Fürstentums Liechten 
stein von Prof. Eugen Zotow», 1953 
Radierung, 14,7 x 24,8 cm (Platte) 
Liechtensteinisches Landesmuseum, 
Vaduz 
dem Titel «Radierungen aus den 11 
Gemeinden des Fürstentums Liech 
tenstein von Prof. Eugen Zotow», das 
1951 im Auftrag der Regierung ent 
stand. Das Honorar, welches Zotow 
für die Produktion dieser Mappe 
erhielt, ermöglichte ihm die Vor 
bereitungen für seine Ausreise nach 
Argentinien. «Jedoch dort, in Argen 
tinien, besteht die Wahrscheinlich 
keit eines <Stoffwechsels>, hier aber 
bin ich voller Unruhe, wir sitzen 
schon vierzehn Jahre auf den Kof 
fern, und einen Nationalpass wird 
man uns hier nicht geben, auch wenn
	        

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