Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1998) (1998)

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Die Kinderzeichnung als Kulturdokument 
Bruno Kaufmann 
Denkt man ganz allgemein an Ge 
schichte oder Kultur, so ist fast aus 
schliesslich immer das gemeint, was 
Erwachsene uns Zeitgenossen hinter 
lassen haben oder uns zu vererben 
im Begriffe sind. Selten sehen wir in 
Museen kulturelle Zeugnisse von 
Kindern und Jugendlichen. Solche 
werden höchstens innerhalb der 
Familie aufbewahrt, falls sie über 
haupt geschätzt werden. 
Wenn hier von kulturellen Zeugnis 
sen die Rede ist, sind damit nicht 
etwa kommerzielle Produkte oder 
Gegenstände gemeint, die von Er 
wachsenen für Kinder gemacht wer 
den, sondern von Kindern selbst 
Geschaffenes. Dazu gehören selbster 
stellte Spielsachen, aufgeschriebene 
Erlebnisse, selbsterfundene Ge 
schichten, Fotos und ganz besonders 
Zeichnungen, Collagen und plasti 
sche Arbeiten. 
Nicht nur Erwachsene sind Zeugen 
der Geschichte, sondern auch Kinder 
und Jugendliche. Auch sie sind ein 
bedeutender Teil der Gesellschaft. Sie 
leben in einer Kultur der Erwach 
senen, doch grenzen sie sich - beson 
ders im jugendlichen Alter - oft 
davon ab und schaffen auf ihre Weise 
ebenfalls Kultur. In der Jugendkultur 
von heule kommt dies besonders 
stark zum Ausdruck, etwa in der Art, 
wie sie sich geben, wie sie sich klei 
den, in der Musik, die sie hören, und 
in meistens nicht gerade geliebten 
Wandmalereien. 
Wir Liechtensteiner haben zwar eine 
Geschichte wie jedes Volk, sind aber 
arm an Kultur. Unsere Vorfahren 
haben uns in dieser Hinsicht sehr 
wenig hinterlassen. Ihr karges und 
mühseliges Leben war von dem 
bestimmt, was sie am allernötigsten 
brauchten - schlechte Voraussetzun 
gen für Kultur. Erst der Wohlstand 
hat es mit sich gebracht, dass wir uns 
für Kunst und Kultur interessieren 
oder sie gar aktiv betreiben. Viele Er 
wachsene gehen heute neben dem 
Beruf einer Freizeitbeschäftigung 
nach. Bildnerisches Arbeiten ist z. B. 
ein Hobby, das immer beliebter wird. 
Durch solche Tätigkeiten, aber auch 
durch die besseren Bildungsmöglich 
keiten, ist ein grösseres Interesse für 
Simon, 11 Jahre 
unsere Vergangenheit festzustellen. 
Das mag z. T. mit dem sehr schnellen 
Wandel von einem bäuerlich gepräg 
ten zu einem industriellen Staatswe 
sen zu tun haben. Daher ist es von 
einer nostalgischen Rückschau bis 
zum Wunsch, das Vergangene wenig-
	        

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