Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1998) (1998)

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Ausschnitt aus der «Tabula Peutin- 
geriana» (heute in der National 
bibliothek in Wien verwahrt). 
In der linken oberen Ecke ist der 
Schwarzwald dargestellt, direkt dar 
unter befindet sich der Bodensee mit 
Arbor felix (Arbon) und Brigantio 
(Bregenz). Von Bregenz aus führt eine 
römische Strasse Richtung Süden. 
Sie geht über die Alpen (topogra 
phisch nicht ganz korrekt) nach 
Clunia (Feldkirch-Altenstadt oder 
Rankweil), Magia (= Balzers [?], grau 
markiert), Curia (Chur) und weiter 
an den Comersee. 
Böden nicht erhalten gebheben. Die 
Keramik und die Prägedaten der 
Fundmünzen geben zur Vermutung 
Anlass, dass das Gebäude zu Beginn 
des 2. Jahrhunderts n. Chr. erbaut 
worden ist. Eine zweite Bauphase 
mit eingestellten schmäleren Mäuer- 
chen dürfte gegen Ende des 2. Jahr 
hunderts erfolgt sein. 
Zu den Gebäudehöhen können keine 
Angaben gemacht werden. Auch das 
Aussehen der Aussenfassaden bleibt 
im dunkeln, da weder von Fenster- 
noch von Türöffnungen Spuren er 
halten geblieben sind. Über die ge 
samte Grabungsfläche verstreut fand 
sich eine grössere Anzahl von Dach-, 
Boden- und Wandziegeln. Einige der 
Wandziegelfragmente (tubuli) weisen 
eine Oberflächenbehandlung mit 
geschwungenen Kammstrichen oder 
rautenförmigen Gittermustern auf. 
Diese dienten der besseren Haftung 
der Verputzmörtel. Die Hohlziegel 
führten die warme Luft und die Gase 
aus den Fussbodenheizungen entlang 
der Innenwände nach oben zu den 
Auslässen in der Höhe des Daches. 
Die Zirkulation erwärmte die Räume 
gleichzeitig vom Boden und von den 
Wänden her. Indirekt belegen die 
Hohlziegel die Existenz einer Heiz 
anlage für einzelne Gebäudeteile. 
Südlich des römischen Gebäudes 
schliesst sich der dazugehörige Gar 
ten oder Hinterhofbereich an. Hier 
wurde nur ein dünner Gehhorizont 
aus der römischen Besiedlungszeit 
beobachtet. Die Hoffnung der Ar 
chäologen, in dieser Fläche fundrei 
che Abfallgruben oder Latrinen zu 
entdecken, hat sich leider nicht er 
füllt. 
Über die Nutzung der einzelnen Räu 
me können keine Angaben gemacht 
werden. So fehlen uns bisher Herd 
stellen, die auf eine Küche hindeu 
ten, oder Vorratsgefässe, welche die 
Lagerräume anzeigen würden. Auf 
fallend ist die Qualität der Funde, die 
belegt, dass das Gebäude im Besitz 
sozial höherstehender, wohlhabender 
Personen war. Ihre Tätigkeit ist uns 
nicht bekannt. 
Die Datierung der Funde lässt den 
Schluss zu, dass das Gebäude in der 
zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts 
verlassen worden sein muss. Im aus 
gegrabenen Areal deuten keinerlei 
Spuren auf eine gewaltsame Zerstö 
rung der Baulichkeit hin. Vielmehr 
scheinen die Bewohner ihr Anwesen 
dem Verfall preisgegeben zu haben. 
Die Mauern stürzten langsam ein 
und wurden wie der Gehhorizont im 
Garten im Laufe der Zeit von einer 
rund 15 cm starken Humusschicht 
bedeckt. Im 12./13. Jahrhundert ver 
schüttete eine gewaltige Rüfe mit 
einer Mächtigkeit von fast 2,50 m 
den Ortsteil Höfle in Balzers. Unter 
der kompakten Schicht aus Hang 
schutt und Lehm blieb der Humus 
konserviert. Auf seiner Oberfläche 
konnten während der Ausgrabung 
Moose, Gräser, Blüten, Blätter und 
Insekten aus hochmittelalterlicher 
Zeit geborgen werden. 
Die heute bekannten römerzeitlichen 
Fundstellen im Ortsgebiet von Bal 
zers (Im Winkel, Areal Gängle, Areal 
Nipp, Realschule, Fürstenstrasse, 
Areal Amtshaus und Burghügel 
Gutenberg) weisen auf eine grössere 
römische Siedlung hin, die wahr 
scheinlich vom Ende des 1. Jahrhun 
derts bis ins 4. Jahrhundert bewohnt 
war. Mit welchem Namen die Be 
wohner ihre Siedlung bezeichneten, 
ist uns nicht bekannt. In Form einer 
mittelalterlichen Kopie des 12./13. 
Jahrhunderts ist uns eine antike 
Strassenkarte überliefert, die «Tabula 
Peutingeriana». Nach den jüngsten 
Einträgen dürfte die Endfassung des 
Originals ins 4./5. Jahrhundert 
n. Chr. datieren. Auf ihr ist ein Gross 
teil der zu jener Zeit bekannten Welt 
verzeichnet. Sie enthält topographi 
sche Angaben über Gewässer und 
Gebirge, bedeutende Siedlungen und 
die wichtigsten Strassenverbindun- 
gen mit den Entfernungsangaben 
zwischen den Ortschaften. Auf der 
Strecke von Brigantio {= Bregenz) 
nach Curia (= Chur) sind zwei Stras- 
senstationen eingezeichnet: Clunia, 
das in Feldkirch-Altenstadt oder 
Rankweil vermutet wird, und Magia. 
Über die Lage der Station Magia wird 
schon seit bald 100 Jahren gerätselt. 
Doch sowohl für Maienfeld wie auch 
für die Passhöhe der Luziensteig feh 
len die archäologischen Nachweise. 
Die zahlreichen Funde und Gebäude 
reste in Balzers lassen als wahr 
scheinlichste Annahme die Lokalisie 
rung der römischen Strassenstation 
auf heutigem Balzner Gemeinde 
gebiet zu. Allerdings steht der Beweis 
in Form einer römischen Inschrift 
aus, die uns den einstigen Namen der 
Siedlung nennen würde.
	        

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