Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1997) (1997)

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Vonbun schreibt dazu: «Das Nacht 
volk als nächtliches gespenstisches 
geisterheer, hat für den menschen et 
was abschreckendes und grauenhaf 
tes, Schutzmittel gegen dasselbe müs 
sen daher willkommen sein. Weih 
brunn 24 lähmt die zauberische gewalt 
des Nachtvolkes.» 25 
Ebenfalls in Balzers trägt sich eine 
weitere Geschichte vom Nachtvolk zu: 
Da lag einmal einer in Balzers schon im 
bett, als er draussen vor dem hause das 
Nachtvolk vorbei ziehen hörte. Er 
sprang eilends auf und zum fenster, das 
geisterheer zu schauen; vorerst hatte er 
noch in die hosen schliefen wollen, war 
aber so in der hast, dass er nur in das 
eine hosenbein kam. Er schaute nun 
vom fenster aus dem Nachtvolke zu, 
und da war’s ein langer, langer schwar 
zer zug, der unter schrecklichem tosen 
und lermen vorüberfuhr, und hinten 
drein gieng einer, der auch nur in einem 
hosenbein stack. 26 
Als «räthselhaft und dunkel» bezeich 
net Vonbun «die figur, die dem Nacht 
volk nachläuft». 27 
Die folgende von Vonbun aus Balzers 
aufgezeichnete Sage führt uns in die 
Hexenzeit vor 1680; 
In Balzers (Liechtenstein) zog eine frau 
den butterkübel, aber es wollte nicht 
scheiden; ihr mann sass daneben am 
tisch, nahm zufällig einen Strohhalm 
und störte im docht des kerzenlichtes, 
das vor ihm stand; da trat plötzlich die 
Scheidung ein und des andern tages 
kam die tochter der nachbarsfrau und 
bat um etwas butter für ihre mutter, 
letztere habe sich nämlich gestern den 
finger verbrannt. - Die nachbarin war 
eine hexe. 28 
Soweit die sechs Sagen Vonbuns, wel 
che Balzers betreffen. 
Wenden wir uns nochmals kurz den 
Quellen zu, aus denen Franz Josef 
Vonbun schöpfte. Schon als Student 
hatte er in seinen Ferien immer wie 
der seine engere Heimat, aber auch 
deren weitere Umgebung durchstreift 
und dabei mit dem Sammeln von Sa 
gen begonnen. So dürfte er schon Mit 
te der vierziger Jahre des 19. Jahrhun 
derts auch unser Land kennengelernt 
haben. Später erstreckten sich dann 
seine Erkundungsfahrten bis nach 
Graubünden. Dort hatte er unter an 
deren auch einen Herrn von Sprecher 
in Jenins als Gewährsmann. 29 Von 
Liechtenstein kannte Vonbun natür 
lich Peter Kaisers «Geschichte des 
Fürstenthums Liechtenstein» von 
1847. Dass er mit dieser bestens ver 
traut war, beweist seine Beschreibung 
der sagenhaften Erbauung der Burg 
Gutenberg durch den römischen Kai 
ser Kurio, der - seines Glaubens wegen 
aus Rom vertrieben - Zuflucht in den 
rätischen Tälern gesucht habe. Von 
bun übernimmt nämlich in seiner 
Publikation «Feldkirch und seine 
Umgebungen» (1868) die betreffende 
Passage wörtlich von Peter Kaiser. 30 
Franz Josef Vonbun ehrt Peter Kaiser 
in dieser Schrift mit den Worten: «Das 
Land [Liechtenstein] hat auch seinen 
Livius in dem verblichenen Herrn 
Rektor Peter Kaiser gefunden, dessen 
«Geschichte des Fürstenthums Liech 
tenstein» mit Recht als «opus teres 
atque rotundum» 3 ' bezeichnet wird. 
Kaiser hat übrigens die Sage von der 
Erbauung Gutenbergs durch Kaiser 
Kurio der «Schwäbischen Chronik» 
von Thomas Lirer aus Rankweil aus 
dem 15. Jahrhundert entnommen. 
Dass Franz Josef Vonbun auch das 
Regierungsarchiv in Vaduz benützte, 
geht aus einer Anmerkung in seinen 
«Beiträgen zur deutschen mytho 
logie» hervor. Dort heisst es auf Seite 
89; «Leider stehen mir nur ... einige 
vereinzelte processe aus dem archive 
zu Vaduz zu geböte.» 
Es bleiben an Gewährsleuten in 
Liechtenstein noch die beiden Schwe 
stern Lucretia und Laura und deren 
Vater, Altpostmeister Josef Ferdinand 
Wolfinger aus Balzers. 
Eine vorzügliche Gesamtdarstellung 
von Leben und Werk Franz Josef Von 
buns gibt Peter Strasser aus Schruns 
in seinem Buch «Ein Sohn des Tha 
ies», welches 1993 erschienen ist. 32 
Anmerkungen 
1 Peter Kaiser: Geschichte des Fürsten 
thums Liechtenstein. Nebst Schilderun 
gen aus Chur-Rätien’s Vorzeit. Chur 
1847, S. 292 «Uh Mariss», S. 399 «Das 
Ende der Hexenverfolgung», S. 400 
«Die Tobelhocker», S. 424 f. «Der Land 
ammann muss geistern». 
2 Vonbun wurde neben von Bergmann 
auch zum bedeutendsten Walser 
forscher Österreichs im 19. Jahrhun 
dert. 
3 Lucretia Wolfinger ist am 11. März 1836 
in Balzers geboren. Ihr Taufpate war 
der bekannte Arzt, Philanthrop und 
Gründer der Realschule Vaduz, Dr. Jo 
sef Ludwig Grass. Die Taufpatin war 
Salome Rheinberger, Frau des Adler 
wirtes Johann Nepomuk Rheinberger in 
Vaduz. 
4 Dieser Deputation gehörten ausser Josef 
Ferdinand Wolfinger auch Rektor Peter 
Kaiser und Advokat Anton Rheinberger, 
Löwenwirt in Vaduz, an. 
5 Siehe Rupert Quaderer-Vogt: «... wird 
das Contingent als das Unglück des 
Landes angesehen. Liechtensteinische 
Militärgeschichte von 1814 bis 1849. In: 
JBL 90 (1991), S. 114. 
6 Im Haus «Zum Ochsen» in der Markt 
gasse in Feldkirch war früher das erz 
herzogliche Rentamt untergebracht. 
Um 1800 wurde in dem Gebäude eine 
Gastwirtschaft eingerichtet. Der «Och 
sen» war auch Zunft- und Studenten 
lokal. 
7 Mündliche Mitteilung von Frau Else 
Feger, Feldkirch. 
8 Robert, Josef, Alfons, Ludwig, Ida. 
9 Peter Strasser: Ein Sohn des Thaies. 
Frankfurt 1993. (Beiträge zur europäi 
schen Ethnologie und Folklore. Bd. 2), 
S. 26. 
10 Wir wissen, dass auch nach der Verhei 
ratung Lauras die Beziehungen zwi 
schen der Familie Vonbun in Schruns 
und den Verwandten in Liechtenstein 
nie abrissen. 
11 Strasser (wie Anm. 9), S. 94, Anm. 7. 
12 Franz Josef Vonbun: Beiträge zur deut 
schen mythologie. Chur 1862, S. 27. 
13 Franz Josef Vonbun: Feldkirch und sei 
ne Umgebungen. Innsbruck 1868. 
14 Hermine Rheinberger: Gutenberg - 
Schalun. Chur 1897, S. 269 f. 
15 Albert Schädler: Liechtensteinische 
Volksbräuche und Volkssagen. In: 
JBL 16 (1916), S. 99. 
16 Otto Seger: Sagen aus Liechtenstein. In: 
JBL 65 (1965), S. 13-175. 
17 Hans F. Walser: Sagenumwobene 
Heimat, Schaan 1948, S. 85 ff. 
18 Loretta Federspiel-Kieber: Die Riesin 
auf Schloss Gutenberg. Triesen 1995. 
19 Vonbun (wie Anm. 13), S. 86. 
20 Laura Wolfinger 
21 Vonbun (wie Anm. 12), S. 79 f. 
22 Ebenda, S. 80. 
23 Vonbun (wie Anm. 12), S. 12. 
24 Weihwasser 
25 Vonbun (wie Anm. 12), S. 12. 
26 Ebenda, S. 8. 
27 Ebenda. 
28 Ebenda, S. 82. 
29 Strasser (wie Anm. 9), S. 59. 
30 Kaiser (wie Anm. 1), S. 155. 
31 Ein feines und in sich abgerundetes 
Werk. 
32 Strasser (wie Anm. 9).
	        

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