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Josef Kaufmann, Präsident der
Rebbaugenossenschaft Balzers-Mäls,
bei der RebbepfJanzung am 6. Mai
1995 in der Projektetappe «oberhalb
Burgweg»
Mitglieder der Rebbaugenossenschaft
mit Initiative und sehr viel Begeiste
rung die Arbeiten im Weinberg ver
richten. Es wäre wahrscheinlich um
vieles leichter, in flachen Direktzug
lagen, die gut mechanisierbar sind,
Weinbau zu betreiben. Doch die Freu
de, auf eigenem Boden Rebbau zu be
treiben, spornt die Mitglieder umso
mehr an. Um nun auch im steilen
Gelände einfacher und rationeller zu
arbeiten, wurden im Rebbauprojekt
Querterrassen angelegt. Mit Terras
senbreiten bis zu 1.10 m kann die
Bewirtschaftung mit kleinen Reb
baumaschinen auf Raupen erfolgen.
Die Geländeneigungen von 45 bis 75
Prozent müssen nun nicht mehr in der
Vertikalen überwunden werden. Der
Winzer kann bequem in den parallel
zu den Höhenlinien verlaufenden
Querterrassen seine Arbeiten verrich
ten. Der Querterrassenanbau hilft
mit, die hohen Kosten der Handarbeit
zu reduzieren. Im traditionellen
Stickelbau wurden bis zu 1’300 Ar
beitsstunden pro Jahr und Hektar auf
gewendet. Im jetzigen Terrassenan
bau mit Drahtrahmen und Reb
stockabständen von 0.90 m wird der
Zeitbedarf wahrscheinlich um mehr
als die Hälfte reduziert.
Die Rebsorten und Weine
Das Gebiet «oberhalb Burgweg» wur
de am 6. Mai 1995 mit der Trauben
sorte Regent bepflanzt. Der Regent ist
eine Neuzüchtung und eine weitge
hend pilzresistente Traubensorte, die
durch jahrzehntelange Zuchtarbeit in
Deutschland selektioniert wurde. Die
rote Traubensorte ist die Grundlage
der Kelterung eines neuen Weintyps,
der mit unserem bekannten Blau
burgunder am nächsten verwandt ist.
Aus diesem Traubengut kann neben
einem Süssdruck auch ein traditionel
ler maischevergorener Rotwein mit
eventuellem Barriqueausbau gewon
nen werden.
Das Gebiet «unterhalb Burgweg» wird
mit der traditionellen Blauburgun
dersorte oder dem Pinot noir ange
pflanzt, aus welchem unsere bekann
ten Landweine gekeltert werden. Im
Gebiet «Runder Büchel» wird die
Rebbaugenossenschaft demnächst den
Entscheid fällen, welche unter den
weissen, weitgehend pilzresistenten
Traubensorten bevorzugt wird.
Durch diese Sortenwahl beschreitet
die Rebbaugenossenschaft absolut
neue Wege in Richtung ökologischer
und umweltschonender Rebbau.
Ökologischer Rebbau
In dem Wissen, in direkter Nachbar
schaft mit dem Naturschutzgebiet auf
der Kuppe des Schlosshügels zu sein,
entschloss sich die Rebbaugenossen
schaft, ihr gesamtes Rebbaugebiet
nach den Richtlinien der Integrierten
Produktion im Weinbau zu betreiben.
Die Integrierte Produktion entspringt
einem Leitgedanken, dessen Ziel es
ist, mit umweltgerechten Methoden
und unter Wahrung der Wirtschaft
lichkeit qualitativ hochstehende
Trauben und Weine zu erzeugen und
auf eine nachhaltige Reduktion des
Hilfsstoffeinsatzes hinzuarbeiten. 5)
Mit diesen Zielsetzungen und der
Wahl von weitgehend pilzresistenten
Rebsorten wird es der Rebbauge
nossenschaft auch in Zukunft gelin
gen, den vielfältigen Interessen, im
speziellen auch den naturschütze
rischen am Schlosshügel Balzers und
am «Runden Büchel», zu entsprechen.
Wertung des Projektes
Durch die finanzielle Unterstützung
dieses Projektes haben die Fürstliche
Regierung und die Gemeinde Balzers
bewiesen, dass der Rebbau am
Schlosshügel und am «Runden Bü
chel» als ein verbindendes Element
angesehen werden darf. Die Wieder
bepflanzung ist eine Rückführung von
traditionellen Formen. Der Rebbau
trägt zur Aufwertung des Wahrzei
chens von Balzers bei, welches durch
die Schlossrestaurierung unterstützt
wird. Auch die subtile Restaurierung
der Terrassenmauern, welche im Ein
klang mit den Anliegen des Natur
schutzes erfolgte, darf als äusserst
sinnvolle Werterhaltung eines Land
schaftselementes betrachtet werden.
Der Weinbau, der in Zukunft nach den
Richtlinien der integrierten Produk
tion geführt sein wird, erfährt durch
die Realisierung dieses Projektes in
Balzers wieder eine Renaissance.
Die Rebbaugenossenschaft darf bereits
heute beste Produkte aus ihrem An
baugebiet anbieten und freut sich, in
vier bis fünf Jahren ihre neuen Weine
dem anspruchsvollen Weintrinker zu
kredenzen.
Quellen
1) Aus der Geschichte des Hauses Guten
berg. Manuskript der Abendveranstal
tung mit Gesprächsrunde von Emanuel
Vogt. Balzers, 27. Januar 1993.
2) Persönliche Mitteilung von Emanuel
Vogt, Balzers.
3) Inventar der Naturvorrangflächen im
Fürstentum Liechtenstein. Regierung
des Fürstentums Liechtenstein. Vaduz,
Juni 1992.
4) Faunistikprojekt der Eidgenössischen
Forschungsanstalt für Obst-, Wein- und
Gartenbau Wädenswil. Wädenswil, 1986.
5) Richtlinien für die integrierte Produk
tion im Weinbau 1995. Fachgruppe Inte
grierte Produktion des Schweizerischen
Weinbauvereins. Wädenswil, 1995.