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Dr Langwört
Der Brief von Friedrich Enderlin an
Johann Baptist von Tscharner lautet
wie folgt (Auszug):
Die letztverwichene Nacht war für das
benachbarte Dorf Balzers eine sehr
traurige und fürchterliche Nacht. Ge
stern nachmittag um halb 5 brach ein
schreckliches Feuer aus, dass in weni
ger als einer Viertelstunde mehr als 30
Häuser und eben so viel Ställ in vollen
Flammen stunden. Obschon man von
hier, von Flesch und von Meis im Sar-
ganserland, mit Feuerspritzen herbey
eilte, so musste man doch oberwähnte
30 oder 34 Häuser nebst soviel Ställen
ohne Rettung ein Raub der Flammen
werden lassen. Was dem Posthaus wei
ter hinauf gegen Mayen feld stehet (rech
ter Hand 2 Häuser weiter hinunter, und
linker Hand ein Haus) ist alles, was
noch von Balzers unversehrt ist, ausge
nommen noch 4 Häuser gegen den
Rhein zu, die noch mit genauer Noth
errettet worden sind und die Mühle;
man kann immerhin annehmen, dass
die grösste Hälfte des Dorfes benebst
Kirche, Thurm und Pfarrhof in der
Asche liegt.
Wann der Wind unglücklicherweise
nur einen Augenblick gekehrt hätte, so
würde auch die obere Hälfte des Dorfes
ein Aschenhaufen worden seyn - der
Oberwind blies so stark, dass es bren
nende Schindeln über den Rhein hin
über trug und dorten das Dörflein oder
Nachbarschaft Morris [= Murris/Wei
te] anzündete und solches auch ohne
Rettung in die Asche legte.
Verzeihen Sie, wann Sie hier nur eine
kurze unzusammenhängende Erzäh
lung dieser traurigen Begebenheit fin
den, ich war die ganze Nacht in Balzers
und eine schlaflos und unruhig, ohne
einige Erquickung zu gemessen zuge
brachte Nacht, macht, dass ich mich
nach der Ruhe sehne, entzwischen um
Ihnen wenigstens einigen standhaften
Bericht geben zu können, da Ihnen de
ren vielleicht allerley zukommen wer
den, habe ich Ihnen wenigstens diese
wiewohl sehr eilige Beschreibung mit
theilen wollen.
Man ist noch in Zweifel, ob nicht eine
oder zwey Menschen ihr Leben ein-
gebüsst haben. Einiges Vieh ist auch
verbrunnen, unter anderm ein paar
Ochsen und 6 S.t. Schwein. - Die Sust,
oder wenigstens das Korn und Salz, ist
glücklich errettet worden.
Zulezt hat es noch Verdriesslichkeiten
zwischen den Husaren und den
Fläschern abgesezt, ein Soldat zog den
Sabel und wollte drein hauen, da wurde
ihm der Sabel entrissen, zerbrochen,
vor die Füsse geworfen und er nachher
wacker abgeprügelt, es ritt nachdem ei
ner nach Vaduz, vermuthlich Hilfe von
seinen Kameraden zu begehren, ob aber
weiter was vorgefallen, ist mir unbe
kannt. (...)
Die Frau Mutter und meine Frau tragen
mir viele Empfehlungen an Sie und an
die hochgeehrte Frau Schwester auf,
welchen ich die meinigen beyfüge und
mich mit vorzüglichster Hochachtung
und Ergebenheit die Ehre habe zu nen
nen
Mayenfeld, den 12. October 1795
gez.: Friedrich Enderlin
Notiz Tscharners auf dem Umschlag;
95.12.8ber [= 12. Oktober 1795], Schwager
Enderlin.
Anmerkung;
Der Brief liegt im Staatsarchiv Graubün
den, unter der Signatur; Familienarchiv
von Tscharner-St. Margrethen Chur,
DV 3/155, Nr. 100.
Eine Ergänzung zum Hööwaga
Im letztjährigen Jahrgang der
«Balzner Neujahrsblätter» war
ein Beitrag enthalten, in welchem
der Fleuwagen (dr Hööwaga) in
seinen Einzelteilen beschrieben
und mit den entsprechenden
mundartlichen Bezeichnungen
versehen wurde.
Aus der aufmerksamen Leser
schaft wurden wir darauf hinge
wiesen, dass die Schreibweise der
mundartlichen Bezeichnung der
hölzernen Längsachse des Heu
wagens mit «Langort» nicht rich
tig sei.
Eine nähere Überprüfung durch
Toni Banzer vom Liechtensteiner
Namenbuch hat nun ergeben,
dass in der Tat das Wort als «Lang
wört» zu schreiben ist. Das Wort,
ausgesprochen ähnlich wie «Land
quart», heisst Schriftdeutsch
«Langwied» und wurde in der
Mundart so verändert, weil offen
bar das althochdeutsche «Wita»
(=Holz) nicht mehr verstanden
wurde.
Wir danken für den Hinweis und
geben diese zusätzliche Informa
tion gerne weiter.