Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1996) (1996)

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Dr Langwört 
Der Brief von Friedrich Enderlin an 
Johann Baptist von Tscharner lautet 
wie folgt (Auszug): 
Die letztverwichene Nacht war für das 
benachbarte Dorf Balzers eine sehr 
traurige und fürchterliche Nacht. Ge 
stern nachmittag um halb 5 brach ein 
schreckliches Feuer aus, dass in weni 
ger als einer Viertelstunde mehr als 30 
Häuser und eben so viel Ställ in vollen 
Flammen stunden. Obschon man von 
hier, von Flesch und von Meis im Sar- 
ganserland, mit Feuerspritzen herbey 
eilte, so musste man doch oberwähnte 
30 oder 34 Häuser nebst soviel Ställen 
ohne Rettung ein Raub der Flammen 
werden lassen. Was dem Posthaus wei 
ter hinauf gegen Mayen feld stehet (rech 
ter Hand 2 Häuser weiter hinunter, und 
linker Hand ein Haus) ist alles, was 
noch von Balzers unversehrt ist, ausge 
nommen noch 4 Häuser gegen den 
Rhein zu, die noch mit genauer Noth 
errettet worden sind und die Mühle; 
man kann immerhin annehmen, dass 
die grösste Hälfte des Dorfes benebst 
Kirche, Thurm und Pfarrhof in der 
Asche liegt. 
Wann der Wind unglücklicherweise 
nur einen Augenblick gekehrt hätte, so 
würde auch die obere Hälfte des Dorfes 
ein Aschenhaufen worden seyn - der 
Oberwind blies so stark, dass es bren 
nende Schindeln über den Rhein hin 
über trug und dorten das Dörflein oder 
Nachbarschaft Morris [= Murris/Wei 
te] anzündete und solches auch ohne 
Rettung in die Asche legte. 
Verzeihen Sie, wann Sie hier nur eine 
kurze unzusammenhängende Erzäh 
lung dieser traurigen Begebenheit fin 
den, ich war die ganze Nacht in Balzers 
und eine schlaflos und unruhig, ohne 
einige Erquickung zu gemessen zuge 
brachte Nacht, macht, dass ich mich 
nach der Ruhe sehne, entzwischen um 
Ihnen wenigstens einigen standhaften 
Bericht geben zu können, da Ihnen de 
ren vielleicht allerley zukommen wer 
den, habe ich Ihnen wenigstens diese 
wiewohl sehr eilige Beschreibung mit 
theilen wollen. 
Man ist noch in Zweifel, ob nicht eine 
oder zwey Menschen ihr Leben ein- 
gebüsst haben. Einiges Vieh ist auch 
verbrunnen, unter anderm ein paar 
Ochsen und 6 S.t. Schwein. - Die Sust, 
oder wenigstens das Korn und Salz, ist 
glücklich errettet worden. 
Zulezt hat es noch Verdriesslichkeiten 
zwischen den Husaren und den 
Fläschern abgesezt, ein Soldat zog den 
Sabel und wollte drein hauen, da wurde 
ihm der Sabel entrissen, zerbrochen, 
vor die Füsse geworfen und er nachher 
wacker abgeprügelt, es ritt nachdem ei 
ner nach Vaduz, vermuthlich Hilfe von 
seinen Kameraden zu begehren, ob aber 
weiter was vorgefallen, ist mir unbe 
kannt. (...) 
Die Frau Mutter und meine Frau tragen 
mir viele Empfehlungen an Sie und an 
die hochgeehrte Frau Schwester auf, 
welchen ich die meinigen beyfüge und 
mich mit vorzüglichster Hochachtung 
und Ergebenheit die Ehre habe zu nen 
nen 
Mayenfeld, den 12. October 1795 
gez.: Friedrich Enderlin 
Notiz Tscharners auf dem Umschlag; 
95.12.8ber [= 12. Oktober 1795], Schwager 
Enderlin. 
Anmerkung; 
Der Brief liegt im Staatsarchiv Graubün 
den, unter der Signatur; Familienarchiv 
von Tscharner-St. Margrethen Chur, 
DV 3/155, Nr. 100. 
Eine Ergänzung zum Hööwaga 
Im letztjährigen Jahrgang der 
«Balzner Neujahrsblätter» war 
ein Beitrag enthalten, in welchem 
der Fleuwagen (dr Hööwaga) in 
seinen Einzelteilen beschrieben 
und mit den entsprechenden 
mundartlichen Bezeichnungen 
versehen wurde. 
Aus der aufmerksamen Leser 
schaft wurden wir darauf hinge 
wiesen, dass die Schreibweise der 
mundartlichen Bezeichnung der 
hölzernen Längsachse des Heu 
wagens mit «Langort» nicht rich 
tig sei. 
Eine nähere Überprüfung durch 
Toni Banzer vom Liechtensteiner 
Namenbuch hat nun ergeben, 
dass in der Tat das Wort als «Lang 
wört» zu schreiben ist. Das Wort, 
ausgesprochen ähnlich wie «Land 
quart», heisst Schriftdeutsch 
«Langwied» und wurde in der 
Mundart so verändert, weil offen 
bar das althochdeutsche «Wita» 
(=Holz) nicht mehr verstanden 
wurde. 
Wir danken für den Hinweis und 
geben diese zusätzliche Informa 
tion gerne weiter.
	        

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