Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1996) (1996)

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versehen können. Aber man sieht 
auch mit der Chaussée mehr als 
mannstiefe Gegenden aufgefüllt, und 
an andern Orten, ebenso hohe Hügel 
abgegraben; und man kann hier im 
kleinen würklich sagen, dass Berge 
abgetragen und Täler aufgefüllt wor 
den sind. Leute und Zugvieh haben 
dadurch einen unendlichen Vorteil 
erhalten, und der Pass soll schon jetzt 
nicht wenig dadurch gewonnen ha 
ben. Von der Oberzollbrück bis auf die 
Grenze von Chur, baute der gleiche 
Wegmeister, unter Oberaufsicht des 
Herrn Obrist Battista von Salis, auf 
gleichmässige Unkosten Gemeiner 3 
Bündten, eine gleiche Chaussée, wo 
bei jedoch mehrerlei Umstände schuld 
sind, dass allda jedes Klafter auf 
ohngefehr 15 fl. zu stehen kommen 
soll. Von der Churer Grenze bis zur 
Stadt, und von dort bis auf die Gren 
zen von Ems, liess die Stadt Chur auf 
ihre eigne Unkosten eine gleiche 
Strasse erbauen. Weiter geht die brei 
te Chaussée nicht, weil die ganzen 
Lastwagen - welche auf der alten 
Strasse kaum 30 Centner, dato aber 
das doppelte fortbringen - nicht weiter 
als bis Chur gehen. Für die von dort an 
fahrenden kleinern Wagen, und für 
die Saumpferde, werden sowohl über 
Thusis, welches man die untere 
Strasse heisset, als über Oberhalb 
stein, welches die Obere Strasse 
heisset, die Wege teils neu chaussée- 
mässig, doch schmal erbaut, teils nur 
die alten verbessert, sodass in weni 
gen Jahren der ganze Pass an beiden 
Strassen ganz neu aussehen und dem 
Land viel fremdes Geld an Fuhrlohn, 
Zöllen, Zehrungen und anderm ein- 
bringen wird. Würklich hat unser 
Land wenige Quellen zu Erlangung 
fremden Geldes. Der Pass und der 
Viehhandel sind die stärksten und 
wesentlichsten davon, auf [deren] Er 
haltung und Vermehrung das Land 
folglich immer wachen muss. 
Die grosse und kostbare Chaussée, 
deren Erhaltung von St. Cathrina- 
brunnen bis nach Chur vielleicht jähr 
lich nahe an 2’000 fl kosten mag, wird 
durch eigne Stands-Inspectoren er 
halten, und ist deswegen auf alles Zug 
vieh, Reitpferde und [unleserlich], 
welche diesen Weg brauchen, ein 
Weggeld aufgelegt, welches teils zu 
Masans, teils zu Zizers, und teils auf 
der Steig bezahlt wird. Doch sind 
Bündtner für alles ihr Eigentum 
weggeldfrei. 
Gutshof und Wirtschaf t auf der Steig 
Links an dieser Chaussée liegt auf der 
Steig die Steigmeyerei - ein festes 
Würthshaus mit grosser Besatzung 
und schönen Gütern, welches nach 
Maienfeld und Fläsch gehört und von 
jenen auf 13, von diesen auf fünf Jahre 
mit einem Meyer besetzt wird, wel 
cher einen bestimmten Locationszins 
jährlich an die Pfründen von Maien 
feld und Fläsch abzutragen hat. In 
dem dabei stehenden Kirchlein sollen 
vormals die Bewohner von dem gegen 
über am Berg hängenden kleinen 
Dörflein Guscha samt den Bewohnern 
von Rofels den Gottesdienst genossen 
haben. Dermalen aber haben die Pfar 
rer von Maienfeld und Fläsch nicht 
mehr als am jährlichen Auffahrtsfest 
eine Predigt allda zu halten, wobei der 
Steigmeyer das Küsteramt versieht. 
Desto öfter aber haben sie hier, wegen 
Einsamkeit der Lage, hochzeitliche 
Trauungen zu verrichten. Die Bestim 
mung dieses Meyerhofes ist also nütz 
licher, als würklich die Pfründen in 
Graubünden gewöhnlich allzu arm 
sind. 
Dennoch wäre hier die Benützung des 
Meyerhofs noch geselliger zu machen, 
wenn bei jeder 13- und 5-jährigen Be 
stallung diese einträgliche Meyerei, 
mit Geld anstatt Wein erkauft, und das 
Geld zu Vermehrung des Schulfonds 
oder zu Vergrösserung der Armen 
stiftungen verwendet würde. Da näm 
lich derjenige diese Meyerei erhält, 
welcher denen zwei Gemeinden am 
meisten Wein zu vertrinken gibt, und 
dieses sich auf mehrere Zuber belauft, 
so würde bei jener bessern Verwen 
dung der Schul- oder der Armenfonds 
bei jeder Vergebung vielleicht fl. 100 
und mithin in 100 Jahren wenigstens 
fl. l’OOO Zuwachs erhalten, welches 
wohl gewiss von unsern (!) Folgen als 
der unnöthige Genuss so vielen Weins, 
sein würde. Auch hier hätten wir klei 
ne Projectmacher also einen neuen 
Versuch gewaget, denen löblichen Ge 
meinden Maienfeld und Fläsch nütz 
lich zu werden. 
Merkwürdig ist auf diesem kleinen 
Berg der ausnehmende Kreis der Gü 
ter, da das Klafter einmädige Wiesen, 
hier in der Entfernung von einer Stun 
de von Maienfeld und Fläsch, bis 1/2 
Federtaler bezahlt wird. Nur die gute 
Wirtschaft der Fläscher, ihre Liebha 
berei für Güter, und der enge Bezirk 
ihres territorii beim Dorf Fläsch 
selbst, kann dieses Rätsel erklären. 
Diese nämlichen Trübsalen würken 
noch stärker auf das steile, trockne, 
fast unzugängliche Guscha, wo das 
Klafter der hängenden Äcker bis 1 
Thaler bezahlt wird, während als die 
bequemsten, fruchtbarsten, ebensten, 
und 2 Früchte tragenden Äckern im 
Tale kaum die Hälfte dieses Preises 
gelten. 
Ohnweit der Steigmeyerei, oben am 
Fusse des Falknis sind reiche Gips 
gruben und dennoch ist hier die Gips 
kultur der Felder noch ganz unbe 
kannt, so wie die Düngung der Felder 
mit Kalk. 
Befestigung St. Luzisteig 
Bald nachdem wir die Steigmeyerei 
verliessen, stiessen wir auf die St. Luzi 
oder Steigerschanz. Auf der Steig, 
nämlich am Ort der Meyerei, soll St. 
Luzius der Christenbekehrer in Grau 
bünden, seinen Wohnsitz gehabt und 
von dort aus das Evangelium in unse 
rem lieben Vaterland gepredigt ha 
ben. 
Diese Schanze, welche aus einem 
Wall, Graben, Schanzmauern, Tor, 
Fallbrück, und einem von 2 Wächtern 
besetzten Wachthause besteht, wel 
che der alten Herrschaft Brandiser 
Zoll und nun auch das Weggeld, bei 
des für Gern. 3 Bündten, einziehen, 
wird auf beiden Seiten durch 2 im 
Berg angebrachte Blockhäuser vertei 
digt. Sie war Anno 17 [82-85] erbaut, 
soll circa 24’000 fl. gekostet haben, 
und wurde bei Anlass fremder, in der 
Nähe liegender Truppen zum Schutz 
des Landes an diesem sehr vorteilhaf 
ten Posten angelegt und zwar von ei 
nem gewissen Ingenieur Werdmüller. 
Die Inschrift auf dem Portal des Tors, 
gerade ob der Fallbrück, ist folgende: 
«(...)» Was wir kleinen Kritiker an die 
ser Schanze auszusetzen fänden, ist, 
dass der Graben gar keine Tüffe und 
kein Wasser hat, und dass die 2 Block 
häuser mit der Hauptschanze nur 
durch eine schwache und niedere 
Mauer verbunden sind. 
Dass links oben, auf dem Fläscher 
Berg, eine alte regelmässige Stern 
schanz, in einer sehr dominanten 
Höhe über der Kriegsschanze steht, 
scheint uns nicht schädlich, teils weil 
diese 2 Schanzen einander nicht se 
hen und also auch nicht bestreichen 
können, und teils weil jene Stern-
	        

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