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versehen können. Aber man sieht
auch mit der Chaussée mehr als
mannstiefe Gegenden aufgefüllt, und
an andern Orten, ebenso hohe Hügel
abgegraben; und man kann hier im
kleinen würklich sagen, dass Berge
abgetragen und Täler aufgefüllt wor
den sind. Leute und Zugvieh haben
dadurch einen unendlichen Vorteil
erhalten, und der Pass soll schon jetzt
nicht wenig dadurch gewonnen ha
ben. Von der Oberzollbrück bis auf die
Grenze von Chur, baute der gleiche
Wegmeister, unter Oberaufsicht des
Herrn Obrist Battista von Salis, auf
gleichmässige Unkosten Gemeiner 3
Bündten, eine gleiche Chaussée, wo
bei jedoch mehrerlei Umstände schuld
sind, dass allda jedes Klafter auf
ohngefehr 15 fl. zu stehen kommen
soll. Von der Churer Grenze bis zur
Stadt, und von dort bis auf die Gren
zen von Ems, liess die Stadt Chur auf
ihre eigne Unkosten eine gleiche
Strasse erbauen. Weiter geht die brei
te Chaussée nicht, weil die ganzen
Lastwagen - welche auf der alten
Strasse kaum 30 Centner, dato aber
das doppelte fortbringen - nicht weiter
als bis Chur gehen. Für die von dort an
fahrenden kleinern Wagen, und für
die Saumpferde, werden sowohl über
Thusis, welches man die untere
Strasse heisset, als über Oberhalb
stein, welches die Obere Strasse
heisset, die Wege teils neu chaussée-
mässig, doch schmal erbaut, teils nur
die alten verbessert, sodass in weni
gen Jahren der ganze Pass an beiden
Strassen ganz neu aussehen und dem
Land viel fremdes Geld an Fuhrlohn,
Zöllen, Zehrungen und anderm ein-
bringen wird. Würklich hat unser
Land wenige Quellen zu Erlangung
fremden Geldes. Der Pass und der
Viehhandel sind die stärksten und
wesentlichsten davon, auf [deren] Er
haltung und Vermehrung das Land
folglich immer wachen muss.
Die grosse und kostbare Chaussée,
deren Erhaltung von St. Cathrina-
brunnen bis nach Chur vielleicht jähr
lich nahe an 2’000 fl kosten mag, wird
durch eigne Stands-Inspectoren er
halten, und ist deswegen auf alles Zug
vieh, Reitpferde und [unleserlich],
welche diesen Weg brauchen, ein
Weggeld aufgelegt, welches teils zu
Masans, teils zu Zizers, und teils auf
der Steig bezahlt wird. Doch sind
Bündtner für alles ihr Eigentum
weggeldfrei.
Gutshof und Wirtschaf t auf der Steig
Links an dieser Chaussée liegt auf der
Steig die Steigmeyerei - ein festes
Würthshaus mit grosser Besatzung
und schönen Gütern, welches nach
Maienfeld und Fläsch gehört und von
jenen auf 13, von diesen auf fünf Jahre
mit einem Meyer besetzt wird, wel
cher einen bestimmten Locationszins
jährlich an die Pfründen von Maien
feld und Fläsch abzutragen hat. In
dem dabei stehenden Kirchlein sollen
vormals die Bewohner von dem gegen
über am Berg hängenden kleinen
Dörflein Guscha samt den Bewohnern
von Rofels den Gottesdienst genossen
haben. Dermalen aber haben die Pfar
rer von Maienfeld und Fläsch nicht
mehr als am jährlichen Auffahrtsfest
eine Predigt allda zu halten, wobei der
Steigmeyer das Küsteramt versieht.
Desto öfter aber haben sie hier, wegen
Einsamkeit der Lage, hochzeitliche
Trauungen zu verrichten. Die Bestim
mung dieses Meyerhofes ist also nütz
licher, als würklich die Pfründen in
Graubünden gewöhnlich allzu arm
sind.
Dennoch wäre hier die Benützung des
Meyerhofs noch geselliger zu machen,
wenn bei jeder 13- und 5-jährigen Be
stallung diese einträgliche Meyerei,
mit Geld anstatt Wein erkauft, und das
Geld zu Vermehrung des Schulfonds
oder zu Vergrösserung der Armen
stiftungen verwendet würde. Da näm
lich derjenige diese Meyerei erhält,
welcher denen zwei Gemeinden am
meisten Wein zu vertrinken gibt, und
dieses sich auf mehrere Zuber belauft,
so würde bei jener bessern Verwen
dung der Schul- oder der Armenfonds
bei jeder Vergebung vielleicht fl. 100
und mithin in 100 Jahren wenigstens
fl. l’OOO Zuwachs erhalten, welches
wohl gewiss von unsern (!) Folgen als
der unnöthige Genuss so vielen Weins,
sein würde. Auch hier hätten wir klei
ne Projectmacher also einen neuen
Versuch gewaget, denen löblichen Ge
meinden Maienfeld und Fläsch nütz
lich zu werden.
Merkwürdig ist auf diesem kleinen
Berg der ausnehmende Kreis der Gü
ter, da das Klafter einmädige Wiesen,
hier in der Entfernung von einer Stun
de von Maienfeld und Fläsch, bis 1/2
Federtaler bezahlt wird. Nur die gute
Wirtschaft der Fläscher, ihre Liebha
berei für Güter, und der enge Bezirk
ihres territorii beim Dorf Fläsch
selbst, kann dieses Rätsel erklären.
Diese nämlichen Trübsalen würken
noch stärker auf das steile, trockne,
fast unzugängliche Guscha, wo das
Klafter der hängenden Äcker bis 1
Thaler bezahlt wird, während als die
bequemsten, fruchtbarsten, ebensten,
und 2 Früchte tragenden Äckern im
Tale kaum die Hälfte dieses Preises
gelten.
Ohnweit der Steigmeyerei, oben am
Fusse des Falknis sind reiche Gips
gruben und dennoch ist hier die Gips
kultur der Felder noch ganz unbe
kannt, so wie die Düngung der Felder
mit Kalk.
Befestigung St. Luzisteig
Bald nachdem wir die Steigmeyerei
verliessen, stiessen wir auf die St. Luzi
oder Steigerschanz. Auf der Steig,
nämlich am Ort der Meyerei, soll St.
Luzius der Christenbekehrer in Grau
bünden, seinen Wohnsitz gehabt und
von dort aus das Evangelium in unse
rem lieben Vaterland gepredigt ha
ben.
Diese Schanze, welche aus einem
Wall, Graben, Schanzmauern, Tor,
Fallbrück, und einem von 2 Wächtern
besetzten Wachthause besteht, wel
che der alten Herrschaft Brandiser
Zoll und nun auch das Weggeld, bei
des für Gern. 3 Bündten, einziehen,
wird auf beiden Seiten durch 2 im
Berg angebrachte Blockhäuser vertei
digt. Sie war Anno 17 [82-85] erbaut,
soll circa 24’000 fl. gekostet haben,
und wurde bei Anlass fremder, in der
Nähe liegender Truppen zum Schutz
des Landes an diesem sehr vorteilhaf
ten Posten angelegt und zwar von ei
nem gewissen Ingenieur Werdmüller.
Die Inschrift auf dem Portal des Tors,
gerade ob der Fallbrück, ist folgende:
«(...)» Was wir kleinen Kritiker an die
ser Schanze auszusetzen fänden, ist,
dass der Graben gar keine Tüffe und
kein Wasser hat, und dass die 2 Block
häuser mit der Hauptschanze nur
durch eine schwache und niedere
Mauer verbunden sind.
Dass links oben, auf dem Fläscher
Berg, eine alte regelmässige Stern
schanz, in einer sehr dominanten
Höhe über der Kriegsschanze steht,
scheint uns nicht schädlich, teils weil
diese 2 Schanzen einander nicht se
hen und also auch nicht bestreichen
können, und teils weil jene Stern-