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und breit genug für 2 Lastwagen er
baut werden müsse, aber wie das alles
geschehe, wann unsre Chaussée er
baut worden, wie weit sie gehe, wie
lang sie sei, wer sie habe erbauen las
sen, was sie gekostet, wie sie erhalten
werde und dergleichen mehr, das alles
mussten wir von unserem Landvogt
erfragen. Ich will also das, was mir von
der ganzen Geschichte des Chaussée-
baues noch im Gedächtnis blieb, hier
beisetzen.
Man baute überall in der Welt neue
bequeme Strassen, teils zur Erspa
rung von Zeit, Zugvieh und Wegen für
die eigenen Fuhren, teils um noch
fremde Durchfuhr anzulocken, und
dadurch fremdes Geld herbeizuleiten.
Ganz im Stillen suchten die klugen
Engadiner diese Mode zu benutzen,
bauten mit ziemlichen Unkosten eine
neue Strasse und trafen gute Einrich
tungen, um einen Durchpass fremder
Waren hinzuziehen. Wären die langen
Winter und der viele Schnee, so wie
die, in diesem Stück wenigere Aufklä
rung der an gleicher Strasse liegenden
Bergeller und Unterengadiner, ihrem
wohlausgedachten Projekt nicht ent
gegen gewesen, so würden sie jetzt
einer grossen Aufnahme geniessen. -
Ihr Beispiel und die billige Besorgnis,
durch den Engadinerpass die Haupt
strassen hier im Land abnehmen zu
sehen, weckte jedermann auf und
man beschloss von der Steig her eine
Chaussée nach Chur anzulegen. Man
wählte diese Art Strasse, die im
Teutschen Hochwege heissen, weil sie
die dauerhaftesten sind, und durch
ganz Deutschland bis an unsre Grenze
reichten. Anno 1782 wurde unser Herr
Landvogt befelchnet [= befohlen] die
Chaussée durch die Herrschaft Mai
enfeld bis an die Obere Zollbrück auf
Unkosten Gemeiner 3 Bündten zu er
bauen. Er reisete erst in die Schweiz,
ins Liechtensteinische, Österreichi
sche, und ins Reich, besähe die dorti
gen Chausséen, liess sich ihren Bau
zeigen, erkundigte sich um die Unko
sten des Baues und der Erhaltung, wie
auch um die Bau- oder Wegmeister,
schaffte sich gründliche gedruckte
Anleitung zum Strassenbau an und
nachdem er selbst dasjenige erlernt
hatte, welchem er vorstehen sollte: So
fing er mit einem geschickten Weg
meister diesen Strassenbau an, und
brachte 3 volle Jahre zu, um die 6'000
Klafter oder drei Stunden Chaussée
von St. Cathrinabrunnen bis zur Ober
zollbrücke zu erbauen, welches ohn-
gefehr 42’000 fl., und also f. 14’000 auf
jede Stunde, oder f. 7 auf jedes Klafter
Länge in dieser Chaussée beträgt, wel
che durchaus 3 Klafter breit ist. Ein
Teil wurde im Taglohn erbaut bis man
ongefehr sah, was es kostete, der
grösste Teil wurde sodann im Verdin
ge, das Klafter für 1 Ducate erbaut.
Der, wegen mehrerer Gräde, breite
und erforderliche Boden von Wein
garten, Wiesen und dergleichen, wur
den nach eidlicher Schatzung den
Güterbesitzern bezahlt, und bald
überall Zäune und Mauern zum
Schirm der Güter neu hergestellt. Die
Kartographische Darstellung des
Rheintals von Balzers und Bschissen-
mels bis Igis. Auf der rechten Rhein
seite die Wanderroute von Jenins über
Rofels, St. Luziensteig, St. Katrina
hrunna nach Balzers, vor 1637
vorherigen engen, tiefen, unebenen,
und krummen Gassen, welche noch
hier und da in der Nähe der neuen
Strasse sich zeigen, stachen so er
staunend gegen diese neue prächtige
Strasse ab, dass man es für unmöglich
hält, dass jene alten Wege und Löcher
den Dienst einer Landstrasse haben