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Balzner im Militäreinsatz
Militärkontingente von 1806 bis 1866
Georg Burgmeier
Liechtensteins Militär hat in der Welt
geschichte keine tiefen Spuren hinter
lassen. Dazu ist das Land zum einen
zu klein, war anderseits über lange
Zeit zu arm und - wesentliches Ele
ment; Es fehlte eine Bevölkerung, die
sich an bunten Uniformen und klir
renden Waffen hätte begeistern kön
nen. So ist vor allem Anekdotenhaftes
vom Liechtensteiner Militär zu be
richten, auch wenn die Menschen da
mals kaum Grund hatten, über ihre
Soldaten zu lachen. Dazu waren die
Zeiten zu ernst...
Die Kontingentverträge mit Nassau
Ab 1806 war Liechtenstein als Mit
glied des Rheinbundes von Napoleon
verpflichtet worden, ein Truppenkon
tingent von 40 Mann zu stellen. Liech
tenstein regelte die Verpflichtung wie
viele kleine deutsche Fürstentümer
des Rheinbundes: Es schloss am 12.
Oktober 1806 mit dem Herzogtum
Nassau einen Vertrag, wonach Nas
sau gegen Bezahlung einer jährlichen
Pauschale von 5829 fl. 18 kr. die Trup
pen stellte und die militärische Orga
nisation übernahm. Zusätzliche 3928
fl. 40 kr. stellte das Grossherzogtum
noch für Ausrüstung und Bewaffnung
in Rechnung. Man kann sich leicht
vorstellen, dass diese Summen beina
he unmenschliche Opfer von der ver
armten Bevölkerung abforderten.
Auch 1809 wurde mit Nassau ein ähn
licher Vertrag abgeschlossen, aller
dings unter noch schlechteren finan
ziellen Bedingungen. Liechtenstein,
«vielleicht das ärmste Land, das es in
der Welt geben mag» (Schuppler), war
kaum mehr in der Lage, die Kosten für
das nassauische Kontingent aufzu
bringen. Ohne grosszügige Zuschüsse
seitens des Fürstenhauses wären die
Abgeltungen an Nassau kaum mög
lich gewesen. Wenn die beiden Kon
tingentverträge von 1806 und 1809
Liechtenstein auch beinahe ruinier
ten, so musste es doch keinen Blutzoll
bezahlen, wie dies bei vielen anderen
Rheinbundstaaten der Fall war.
Unser Kontingent im Kampf gegen
Napoleon
Am 7. Dezember 1813 trat Fürst Jo
hann I. offiziell aus dem Rheinbund
aus. Ein Vertrag zwischen ihm und
dem Kaiser von Österreich sicherte
Liechtenstein die Souveränität. Als
Gegenleistung verpflichtete sich der
Fürst, Truppen gegen Napoleon zur
Verfügung zu stellen. Für das neue
Bundeskontingent mussten 100 Mann
gestellt werden, nämlich 40 Mann
Linientruppen, 40 Mann Landwehr
und 20 Mann Reserve.
In Balzers begann die Truppenaus
hebung am Nachmittag des 10. Janu
ar 1814. Die Balzner versprachen
zwar, die verlangten Soldaten zur Ver
fügung zu stellen, verknüpften dieses
Versprechen aber mit der Forderung,
man müsse ihnen die alten Rechte, die
man ihnen 1808 genommen habe,
wieder zurückgeben. Ausserdem soll
ten die neu eingeführten Abgaben,
z.B. Sterbegeld, Heirats- und Stem
peltaxen u.a., gefälligst wieder abge
schafft werden. Auch wenn die Obrig
keit auf solche Forderungen nicht ein
ging, erfolgte die Truppenaushebung,
«wenn gleich mit Widersprüchen und
Murren, doch ohne alle Widersetz
lichkeiten». Bis zum 19. Januar 1814
war die Truppenaushebung im gan
zen Land abgeschlossen. Das ausge
hobene liechtensteinische Kontin
gent wurde - weil es keine selbständi
ge militärische Einheit bilden konnte
- dem Badischen Regiment ange
schlossen. Das Grossherzogtum Ba
den erklärte sich auch bereit, für die
Ausrüstung der liechtensteinischen
Soldaten aufzukommen. Und so
konnte nach Wien gemeldet werden,
dass die 80 Mann starke liechtenstei
nische Truppe am 25. Februar 1814
«unbekleidet und unbewaffnet» Rich
tung Karlsruhe abgezogen sei.
Folgende acht Balzner sind im Ver
zeichnis der 1814 ausgerückten Trup
pe namentlich aufgeführt:
- Josef Leonzi Büchel
- Joseph Foser
- Joseph Fill
- Franz Joseph Breis
- Joseph Anton Brunhart
- Kristian Nick
- Franz Joseph Nägele
- Johann Anton Brunhart
geb.1791
geb.1792
geb.1782
geb.1792
geb.1788
geb.1789
geb.1786
geb.1773
Ganz planmässig verlief der Aus
marsch nicht. Denn Johann Anton
Brunhart fiel im württembergischen
Sulz am Neckar unter die Räder eines
Transportwagens. Für ihn war der
Krieg zu Ende, noch ehe er begonnen
hatte. Mit einem Beinbruch wurde er
in Sulz zurückgelassen. Leicht ge
schwächt kam die liechtensteinische
Truppe in Karlsruhe an, wo sie bis
zum 20. März 1814 verblieb, ohne mit
dem Feind in Berührung zu kommen.
Nach dem ersten Friedensschluss von
Paris am 31. Mai 1814 wurde das
liechtensteinische Kontingent wieder
nach Hause entlassen. Bereits eine
Woche zuvor hatten acht Liechten
steiner, allerdings etwas verfrüht und
ohne Wissen ihres Kommandanten,
den Weg in die Heimat unter die
Soldatenstiefel genommen. Einer der
Deserteure war der Balzner Joseph
Fill. In Liechtenstein angekommen,
wurden die Fahnenflüchtigen verhört
- und «einstweilen nach Hause entlas
sen». Die legalen Heimkehrer trafen
im Laufe des Monats Juli 1814 in Va
duz ein, gerade rechtzeitig, um beim
Einbringen der Ernte dabeizusein.
Doch Europa kam nicht zur Ruhe.
Bekanntlich verliess Napoleon an
fangs März 1815 seinen Verbannungs
ort, die Insel Elba, und landete in
Frankreich. Die Staatsmänner, die
gerade dabei waren, auf dem Wiener