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Die Balzner Mühle
Patrick Brunhart
Wer sich in früherer Zeit, von Triesen
herkommend, Balzers näherte, kam,
bevor er die zusammenhängende Ge
bäudegruppe des Dorfes erreichte, an
der Balzner Mühle vorbei. Die Lage
etwas ausserhalb des Dorfes ergab
sich aus topographischen Gründen.
Hier boten sich offensichtlich die be
sten Möglichkeiten zur Nutzung der
Wasserkräfte der sich vereinigenden
Balzner Bäche. Beeindruckt wird der
Wanderer gewesen sein ob der Grösse
und der Stattlichkeit der Gebäulich
keiten, die nicht nur eine Mühle, son
dern auch einen für damalige Verhält
nisse grossen Landwirtschaftsbetrieb
beherbergten.
Früher gab es in den meisten Dörfern
eine Mühle, auch wenn sie nicht im
mer in ihrer Gesamtanlage die bauli
che Dominanz der Balzner Mühle auf
wiesen. Über lange Zeit kam im Rah
men der bäuerlichen Selbstversor
gung der Mühle eine besondere Be
deutung zu, da der Mahlvorgang seit
jeher besondere Vorrichtungen erfor
derte, welche im Unterschied zum
Backen des Brotes und zum Schlach
ten der Haustiere nicht in jedem Haus
bereitgestellt werden konnten. Die
Bedeutung der Mühlen ist auch daran
abzulesen, dass das Müllergewerbe
bis in die Mitte des letzten Jahrhun
derts in der Verfügungsgewalt der
Landesherren stand.
So fanden Mühlen in früheren Zeiten
oft Erwähnung in Beschreibungen
und waren oft Gegenstand von Kauf
und Pachtverträgen. Vertraglich zu
regeln waren gegen Abgabe von ent
sprechenden Entschädigungen auch
die Rechte zur Nutzung der Wasser
kraft.
Ohne Zweifel hatte auch die Bevölke
rung eine besondere Beziehung zur
Mühle, nicht etwa im romantisieren
den Sinn von der «Mühle am rau
schenden Bach», sondern aus dem
Wissen, dass über das Mahlen des
Getreides und die Gewinnung von
Mehl Brot und Mehlspeisen (Hafaläb)
hergestellt werden konnten.
Die Balzner Mühle, die nach einer
umfassenden Renovation vor einem
Jahr wieder in Betrieb genommen
und zu neuem Leben erweckt wurde,
kann auf eine bewegte und interessan
te Geschichte zurückblicken. Anläss
lich der Wiederinbetriebnahme ist in
verschiedenen Berichten auf diese
Geschichte hingewiesen worden. In
dieser Ausgabe der «Balzner Neu
jahrsblätter» möchten wir den heute
vorhandenen Wissensstand über die
Geschichte der Mühle und der Gebäu
lichkeiten darstellen, nicht ohne dar
auf hinzuweisen, dass diese Darstel
lung fragmentarisch bleiben muss,
weil die historischen Belege über die
Jahrhunderte nicht lückenlos vorhan
den sind und die Geschichte der
Balzner Mühle einer weiteren Erfor
schung harrt.
Karte zur Neuregulierung des
Wasserstandes des Mühlehaches, von
Ingenieur Kümmerle, 1857
Erste Erwähnung
Wie oben erwähnt, war der Standort
einer Mühle von den topographischen
Gegebenheiten bestimmt, wo die best
mögliche Ausnützung von natürlich
vorhandenen Wasserkräften möglich
war. Deshalb ist davon auszugehen,
dass schon vor der ersten urkundli
chen Erwähnung der Balzner Mühle
ein Mühlebetrieb an dieser Stelle
stand.
Die erste schriftliche Nennung der
Balzner Mühle datiert aus dem
churrätischen Reichsguturbar, wel
ches im Jahre 842 im Vorfeld der
Reichsteilung durch den Vertrag von
Verdun 843 angelegt wurde. Johann