33
Abb. oben:
Blick vom Schloss Sargans auf die
Rheinebene mit Ellhorn und
Eiäscherberg. Tuschzeichnung von
Johann Balthasar Bullinger (1713-
1793), «Prospect von dem Schloss
Sargans».
Abb. unten:
Der Rhein zwischen Balzers und
Trübbach mit der Fähre am
Schollberg. Aus dem Skizzenbuch
«Studien nach der Natur» von
Heinrich Schilbach, 1818.
Für die bäuerliche Nutzung in der
Rheinebene bildete der Fluss trotz
dem keine Grenze
In den uns überlieferten Spruch
briefen werden jeweils Nutzungsgren
zen bzw. die Setzung von Marksteinen
für klare Abgrenzung gefordert. Diese
müssen allerdings von einer politi
schen Grenze deutlich unterschieden
werden. Als politische Grenze war der
Rhein zwar seit 1342 mehr oder weni
ger festgelegt. Der Fluss diente bei
Nutzungskonflikten in der Rheinebe
ne oft als Einteilungshilfe, als eine Art
Richtlinie, eine Richtungsangabe. Dies
heisst nun aber nicht, dass er im all
täglichen Leben der Rheintalbauern
des 14., 15. und 16. Jahrhunderts eine
Barriere gebildet hat. Der Fluss behin
derte zwar durch Überschwemmun
gen die landwirtschaftliche Nutzung
und wirkte damit auch auf das Ein
zugsgebiet der einzelnen Gemeinden.
Eine Überquerung des Wassers bzw.
des grössten Arms war aber nicht so
schwierig, dass sie eine Bewirtschaf
tung der anderen Uferseite verun
möglicht hätte. Nutzungszonen konn
ten sich beidseitig des Gewässers auch
überlappen.
Landwirtschaft in unserem Rhein
gebiet meint vor allem Viehhaltung.
Auch nach 1342 scheinen die Nut
zungsrechte an Allmenden im Grenz
gebiet nicht klar festgelegt worden zu
sein. Die Nutzung der Auen war be
reits in der ersten Hälfte des 15. Jahr
hunderts umstritten: Im ältesten er
haltenen Spruchbrief von 1439 ist von
spenn stoess zwitracht und unainikait
(...) als von wunn und waide wegen
(Nutzung von Futterlaub von Bäumen
und Sträuchern bzw. des Grases) in
Seveller owe gelegen die Rede.
Verschiedene Gemeinden nutzten
teilweise gemeinsam Gebiet in der
Rheinebene, beidseitig des Rheins
bzw. des stärksten Giesscns. Ein
Spruchbrief vom 28. November 1458
besagt beispielsweise, die Frühlings-
atzung im Rhemgebiet Schaan-Buchs
sei beiden Kirchspielen gemeinsam:
So solle man ze baiden siten abtriben ze
ufgedem rnayen und nach dem plumen
mag denn jetwedru parthy wider in sin
tail flahn und alda waiden ungefarlich.
Weitere Belege für eine rheinüber-
greifende Nutzung der Auen sind
leicht zu finden: Immer wieder bildet
die umstrittene Nutzung des Gebietes
zwüschent und nebenthalb dem Rine
den Grund für Streitigkeiten. Links
und rechtsrheinische Gemeinden be-
sassen Güter über dem Rhein. Im
Streit zwischen Schaan und Buchs
1458-1464 wurde durch die Buchser
gar an Kaiser Friedrich III. appelliert.
Die Bewirtschaftung muss also be
reits im 15. Jahrhundert recht intensiv
gewesen sein. Es wäre sonst nicht so
lange so heftig gestritten worden, und
die Streitigkeiten hätten nicht einen
derart markanten Niederschlag in den
Quellen gefunden.