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Seite aus dem Fundbuch der
Ausgrabung vom Winter 1932/33.
Mehrere der berühmten Votivfiguren
aus Bronze mit Angaben ihrer
Fundlage und Masse sowie des
Funddatums.
Skizze von Egon Rheinberger,
Eintragungen von Peter Rheinberger.
«Glinzkeleböchel» 181 , der gegen die
«Wanne» mit einem steilen Felsen ab
fällt, gegen Osten abgeschwemmt
worden sein. Als Vorstandsmitglied
und Konservator des Historischen
Vereins veranlasste er, auf dem
«Glinzkeleböchel» im September
1930 eine erste Ausgrabung vorzuneh
men. Als Leiter dieser Ausgrabung
konnte der Konservator des Bregen
zer Landesmuseums Adolf Hild ge
wonnen werden. Dies war der eigent
liche Anfang der prähistorischen Er
forschung Liechtensteins. Obwohl
man «an verschiedenen Stellen des
Platzes das Vorkommen kompakter
Schichten von bis zu 1 cm langen, oft
winzigen Splittern durch und durch
verbrannter Knochen» ,9) feststellte,
blieb dies die rätselhafteste der Er
scheinungen» am Ausgrabungsplatz,
und die wahre Bedeutung als Brand
opferplatz wurde erst nach und nach
erkannt. Im nächsten Jahr ergab ein
Versuchsschnitt gegen den Gemüse
garten weitere Siedlungshinweise
und einen Skelettfund. Weitere Aus
grabungen fanden 1931 nicht statt.
Dagegen wurde dann im Sommer
1932 wieder eine grössere Grabungs
kampagne unter der Leitung von
Adolf Hild und unter Mitwirkung mei
nes Vaters und meiner Brüder Hans
und Peter durchgeführt. Hans stu
dierte damals an der Technischen
Hochschule in Stuttgart Architektur
und konnte sein dort schon erworbe
nes Wissen anwenden, indem er die
laufenden Vermessungen dieser Gra
bung vornahm. Es waren für diesen
Sommer zwei Grabungsplätze vorge
sehen. Der eine, am südwestlichen
Rand des Gemüsegartens gegen die
«Wanne» hin, lieferte hauptsächlich
endsteinzeitliche und bronzezeitliche
Funde. Der andere befand sich in der
«Wanne» selbst, direkt unter dem stei
len Felsabfall des im Jahre 1930 aus
gegrabenen Plateaus des «Glinzkele-
böchels», auf welchem damals die mit
der schwarzen Erde vermischten vie
len verbrannten Knochensplitter so
wie grössere und kleinere Herd- und
Feuerstätten gefunden worden waren.
An dieser neuen Grabungsstätte unter
dem Felsen ergaben sich zahlreiche
Einzelfundevon der Hallstattzeit über
die frühe und spätere Latenezeit bis in
die frühe Römerzeit. Leider konnten
Adolf Hild und seine Helfer anstatt
einer eindeutigen Schichtenfolge in
der die Hauptfunde führenden Tiefe
von etwa 1 m bis 1,80 m nur eine ge
störte Stratigraphie feststellen. 20)
Im September 1932 fand dann die
Jahresversammlung des Historischen
Vereins auf Gutenberg statt, wo man
die Fundstellen besichtigte und die im
Sommer gemachten Funde, die in der
unteren Halle der Burg ausgestellt
waren, betrachten konnte. Es war vor
gesehen, im nächsten Sommer diese
Grabung noch auszuweiten. Als dann
aber in den Weihnachtsferien 1932/33
föhniges und frühlingswarmes Wetter
herrschte, machten wir drei Brüder
uns unter Aufsicht unseres Vaters an
die Arbeit und setzten die Grabung
etwas weiter schlossaufwärts fort. 2,)
Die Überlegung war folgende: Es
stand inzwischen fest, dass auf dem
«Glinzkeleböchel» einst eine kulti
sche Verbrennungsstätte bestand, die
jahrzehntelang oder noch bedeutend
länger benutzt wurde. Dort hätte man
ausser den Feuerstätten also auch
reichlich andere Funde, besonders
Keramik erwarten dürfen. Dies war
aber bei den vorhergehenden Grabun
gen nicht der Fall gewesen. Wäre es
nicht möglich gewesen, dass nach
dem Verlassen oder nach einer be
wussten Zerstörung der Kultstätte der
Abraum vom «Glinzkeleböchel» über
den Felsen hinunter in die Wanne ge
langt sein konnte?