Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1995) (1995)

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gen sein Ziel erreicht. Es sei mir an 
dieser Stelle erlaubt, einem so herrli 
chen Mann unter meinen Vorgängern 
noch einige Worte anerkennenden 
Nachrufes zu widmen. Wohl selten 
wird ein Pfarrer von Balzers so viel 
durchzukämpfen, so viel Elend mit 
zumachen und als tröstender und hel 
fender Vater zu lindern gehabt haben, 
wie Johann Josef Mähr. Schon der 
Antritt seiner pfarramtlichen Verwal 
tung muß ein schwieriger gewesen 
sein. Unter seinem Vorgänger 
Cristoph Stöckler war nämlich ein 
sehr heftiger Streit in der Gemeinde 
ausgebrochen, wobei die eine Partei 
für, die andere wider den Pfarrer 
stand, und nach einem noch erhalte 
nen Schriftstück der Friede gänzlich 
zerstört war sowohl in der Gemeinde 
als auch in den einzelnen Familien. 
Pfarrer Stöckler hatte sodann im April 
oder Mai 1790 die Pfarrei verlassen, 
worauf dieselbe während ungefähr 5 
Monaten von einem Kapuzinerpater 
Irenaeus aus der Melser Kapuziner 
familie verwaltet worden war. 
Ende September oder Anfangs Okto 
ber 1790 trat sodann unser Johann 
Josef Mähr noch als junger Priester in 
die Pfarrei ein, zuerst als Pfarrver- 
weser, nachher als eigentlicher Pfar 
rer. Während der ersten fünf Jahre 
scheint nichts besonderes vorgekom 
men und der Friede in der Gemeinde 
bald hergestellt gewesen zu sein. 
Mit dem 22. Oktber 1795 aber, dem 
Tage des schrecklichen Brandes, be 
gannen für ihn zehn Jahre von Leiden 
und Kämpfen, wie wir vorhin von ihm 
selbst gehört haben, aber auch eine 
Zeit, in welcher er als wahrer Vater 
seines schwer heimgesuchten Volkes 
treu bei demselben ausharrte, es im 
Elend aufrecht erhielt, und auch in 
den schwierigsten Lagen es nie ver 
ließ. Ja er verwahrt sich ausdrücklich 
gegen den Vorwurf, als hätte er flie 
hen wollen, da er einmal im Jahre 
1799 sich zum Besuche seines Bru 
ders nach Stuben am Arlberge begab. 
Und nicht ruhte er während dieser 
stürmischen Zeit, bis endlich mit An 
bruch besserer Tage seinem geliebten 
Volke wieder ein Heiligtum erstand. 
Doch auch jetzt waren neben den 
Freuden, die er erlebte, die Schwierig 
keiten nicht zu Ende. Hören wir ihn 
nur selbst, was er über den Anfang des 
Baues berichtet: 
«Am 30. April 1805 wurde mit dem 
Ausgraben der Fundamente für die 
neue Kirche der Anfang gemacht. Als 
die ersten waren zum Graben auf dem 
Platze Johann Vogt, der neben dem 
alten Friedhof wohnte, und Alois 
Frick, ebenso Joh. Georg Frick im 
Gäßle und Joh. Georg Burgmayer. 
Landammann und Richter in Balzers 
war Franz Anton Frick, ein vortreffli 
cher Mann; Geschworene: Joh. Bap 
tist Vogt, des obgenannten Johannes 
Sohn, und Dominikus Frick, beide 
von sehr guter Gesinnung. Aufseher 
über die Arbeiter aus der Gemeinde 
war Joh. Baptist Büchel, in Mäls 
wohnhaft, ein sehr thätiger Mann. 
Baudirektor war Hr. Ferdinand Wey- 
rather aus Feldkirch. Die vorzüglich 
sten Maurer kamen aus Düns, Pfarrei 
Schnifis; der Zimmermannmeister 
war aus Rankweil, Johann Michael 
Matt.» 
Das wäre nun alles sehr schön. Nun 
aber folgt in der Aufzeichnung des 
guten Pfarrers ein langer Gedanken 
strich und darauf die Worte:» sehr 
viele Hindernisse und Widersprüche 
verzögerten den Bau.» Dann folgen 
wieder mehrere Gedankenstriche, 
worauf er in einer neuen Linie fort 
fährt: 
«Am 2. Mai wurde der erste Stein 
gesegnet und auf der Giebelseite 
rechts im Winkel des Fundamentes 
der zu erbauenden Kirche eingesetzt 
von Johann Josef Mähr, Pfarrer, der 
dazu vom hochwürdigsten Generalvi 
kariate in Chur ermächtigt worden 
(der Bischof war damals in Meran). 
Dieser Ceremonie, die nicht gar feier 
lich war, weil wegen des Mißfallens 
vieler der Bau mit etwas trauriger 
Stimmung begonnen worden war, 
wohnten bei der hochw. Herr Wolf 
gang Benedikt Schmidt, Deputat und 
Pfarrer von Triesen, und der hochw. 
P. Gregor, Kapuziner von Meis, der 
nur zufällig hier war. Es wurden alle 
Familien der Gemeinde zur Cere 
monie eingeladen, die nach dem 
Churer Ritual vom Jahre 1732 erst 
nachmittags 1 Uhr vollzogen wurde; 
die Mehrzahl aber erschien nicht, 
durch Landarbeiten u.s.w. beschäf 
tigt.» 
Ihr seht also, wie der vielgeprüfte 
Mann selbst jetzt, da die Mauern der 
neuen Pfarrkiche sich allmälig erho 
ben, manchen Verdruß mit in den 
Kauf nehmen mußte. Dazu hatte er 
noch immer keinen Pfarrhof (dieser 
wurde erst 1810 durch den Kaiser wie 
der hergestellt), ja selbst in dem Hause 
in Mäls, welches ihm als Wohnung 
diente, soll er durch Leute, die sich 
dem Spiele ergaben, belästigt worden 
sein. So finden wir es denn begreif 
lich, daß er, da nun doch sein Haupt 
streben, die Bewerkstelligung des 
Kirchenbaues, erfüllt war, dem ehren 
vollen Rufe auf die schöne und große 
Pfarrei Rankweil folgte. Gewiß wur 
den ihm beim Abschied am 7. Novem 
ber 1805 viele Thränen nachgeweint; 
denn alle verständigen Leute mußten 
von Liebe und Hochachtung gegen 
einen so mannhaften, unerschütterli 
chen, opferwilligen, treuen und see 
leneifrigen Seelsorger erfüllt sein. 
Für mich aber war es eine süße Pflicht, 
bei der heutigen ernsten Feier das 
Andenken an einen so ausgezeichne 
ten Mann unter meinen Vorgängern 
meinen lieben Pfarrkindern ins Ge 
dächtnis zurückzurufen. «Memoria 
justi cum laudibus: Das Andenken an 
den Gerechten ist voll des Lobes.» 
(Sprüche Salomon’s 10,7.) Johann Jo 
seph Mähr wirkte als Pfarrer in 
Rankweil noch über 38 Jahre, wurde 
auch zur Würde des Dekans erhoben 
und starb hochbetagt am 20. Januar 
1844. 
Der Kirchenbau wurde erst 1807 voll 
endet, wie auch die auf der Stirnseite 
angebrachte Jahrzahl erweist. Die fei 
erliche Einweihung erfolgte den 25. 
Juli 1808 durch den Bischof von Chur, 
Karl Rudolf von Buol-Schauenstein. 
Die Kosten beliefen sich ziemlich ge 
nau auf 16394 Gulden, die Leistungen 
der Gemeinde miteingerechnet. Sie ist 
allerdings zu klein angelegt worden; 
aber wir müßen das dem guten Kaiser 
Franz, der in ewigen Kriegsnöten war, 
zugute halten. 
Sie wäre übrigens noch kleiner her 
ausgekommen, wenn nicht, wie er 
zählt wird, zwei Männer, die damals 
in und außer der Gemeinde das größte 
Ansehen genossen, nämlich Land 
amman Franz Anton Frick und Haus 
meister Joh. Baptist Büchel, während 
der Nacht die Ziele weiter auseinan 
der gesteckt hätten. An uns freilich, 
geliebte Pfarrkinder, ist jetzt die ern 
ste Pflicht gebieterisch herangetreten, 
an ein größeres Gotteshaus für die
	        

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