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gen sein Ziel erreicht. Es sei mir an
dieser Stelle erlaubt, einem so herrli
chen Mann unter meinen Vorgängern
noch einige Worte anerkennenden
Nachrufes zu widmen. Wohl selten
wird ein Pfarrer von Balzers so viel
durchzukämpfen, so viel Elend mit
zumachen und als tröstender und hel
fender Vater zu lindern gehabt haben,
wie Johann Josef Mähr. Schon der
Antritt seiner pfarramtlichen Verwal
tung muß ein schwieriger gewesen
sein. Unter seinem Vorgänger
Cristoph Stöckler war nämlich ein
sehr heftiger Streit in der Gemeinde
ausgebrochen, wobei die eine Partei
für, die andere wider den Pfarrer
stand, und nach einem noch erhalte
nen Schriftstück der Friede gänzlich
zerstört war sowohl in der Gemeinde
als auch in den einzelnen Familien.
Pfarrer Stöckler hatte sodann im April
oder Mai 1790 die Pfarrei verlassen,
worauf dieselbe während ungefähr 5
Monaten von einem Kapuzinerpater
Irenaeus aus der Melser Kapuziner
familie verwaltet worden war.
Ende September oder Anfangs Okto
ber 1790 trat sodann unser Johann
Josef Mähr noch als junger Priester in
die Pfarrei ein, zuerst als Pfarrver-
weser, nachher als eigentlicher Pfar
rer. Während der ersten fünf Jahre
scheint nichts besonderes vorgekom
men und der Friede in der Gemeinde
bald hergestellt gewesen zu sein.
Mit dem 22. Oktber 1795 aber, dem
Tage des schrecklichen Brandes, be
gannen für ihn zehn Jahre von Leiden
und Kämpfen, wie wir vorhin von ihm
selbst gehört haben, aber auch eine
Zeit, in welcher er als wahrer Vater
seines schwer heimgesuchten Volkes
treu bei demselben ausharrte, es im
Elend aufrecht erhielt, und auch in
den schwierigsten Lagen es nie ver
ließ. Ja er verwahrt sich ausdrücklich
gegen den Vorwurf, als hätte er flie
hen wollen, da er einmal im Jahre
1799 sich zum Besuche seines Bru
ders nach Stuben am Arlberge begab.
Und nicht ruhte er während dieser
stürmischen Zeit, bis endlich mit An
bruch besserer Tage seinem geliebten
Volke wieder ein Heiligtum erstand.
Doch auch jetzt waren neben den
Freuden, die er erlebte, die Schwierig
keiten nicht zu Ende. Hören wir ihn
nur selbst, was er über den Anfang des
Baues berichtet:
«Am 30. April 1805 wurde mit dem
Ausgraben der Fundamente für die
neue Kirche der Anfang gemacht. Als
die ersten waren zum Graben auf dem
Platze Johann Vogt, der neben dem
alten Friedhof wohnte, und Alois
Frick, ebenso Joh. Georg Frick im
Gäßle und Joh. Georg Burgmayer.
Landammann und Richter in Balzers
war Franz Anton Frick, ein vortreffli
cher Mann; Geschworene: Joh. Bap
tist Vogt, des obgenannten Johannes
Sohn, und Dominikus Frick, beide
von sehr guter Gesinnung. Aufseher
über die Arbeiter aus der Gemeinde
war Joh. Baptist Büchel, in Mäls
wohnhaft, ein sehr thätiger Mann.
Baudirektor war Hr. Ferdinand Wey-
rather aus Feldkirch. Die vorzüglich
sten Maurer kamen aus Düns, Pfarrei
Schnifis; der Zimmermannmeister
war aus Rankweil, Johann Michael
Matt.»
Das wäre nun alles sehr schön. Nun
aber folgt in der Aufzeichnung des
guten Pfarrers ein langer Gedanken
strich und darauf die Worte:» sehr
viele Hindernisse und Widersprüche
verzögerten den Bau.» Dann folgen
wieder mehrere Gedankenstriche,
worauf er in einer neuen Linie fort
fährt:
«Am 2. Mai wurde der erste Stein
gesegnet und auf der Giebelseite
rechts im Winkel des Fundamentes
der zu erbauenden Kirche eingesetzt
von Johann Josef Mähr, Pfarrer, der
dazu vom hochwürdigsten Generalvi
kariate in Chur ermächtigt worden
(der Bischof war damals in Meran).
Dieser Ceremonie, die nicht gar feier
lich war, weil wegen des Mißfallens
vieler der Bau mit etwas trauriger
Stimmung begonnen worden war,
wohnten bei der hochw. Herr Wolf
gang Benedikt Schmidt, Deputat und
Pfarrer von Triesen, und der hochw.
P. Gregor, Kapuziner von Meis, der
nur zufällig hier war. Es wurden alle
Familien der Gemeinde zur Cere
monie eingeladen, die nach dem
Churer Ritual vom Jahre 1732 erst
nachmittags 1 Uhr vollzogen wurde;
die Mehrzahl aber erschien nicht,
durch Landarbeiten u.s.w. beschäf
tigt.»
Ihr seht also, wie der vielgeprüfte
Mann selbst jetzt, da die Mauern der
neuen Pfarrkiche sich allmälig erho
ben, manchen Verdruß mit in den
Kauf nehmen mußte. Dazu hatte er
noch immer keinen Pfarrhof (dieser
wurde erst 1810 durch den Kaiser wie
der hergestellt), ja selbst in dem Hause
in Mäls, welches ihm als Wohnung
diente, soll er durch Leute, die sich
dem Spiele ergaben, belästigt worden
sein. So finden wir es denn begreif
lich, daß er, da nun doch sein Haupt
streben, die Bewerkstelligung des
Kirchenbaues, erfüllt war, dem ehren
vollen Rufe auf die schöne und große
Pfarrei Rankweil folgte. Gewiß wur
den ihm beim Abschied am 7. Novem
ber 1805 viele Thränen nachgeweint;
denn alle verständigen Leute mußten
von Liebe und Hochachtung gegen
einen so mannhaften, unerschütterli
chen, opferwilligen, treuen und see
leneifrigen Seelsorger erfüllt sein.
Für mich aber war es eine süße Pflicht,
bei der heutigen ernsten Feier das
Andenken an einen so ausgezeichne
ten Mann unter meinen Vorgängern
meinen lieben Pfarrkindern ins Ge
dächtnis zurückzurufen. «Memoria
justi cum laudibus: Das Andenken an
den Gerechten ist voll des Lobes.»
(Sprüche Salomon’s 10,7.) Johann Jo
seph Mähr wirkte als Pfarrer in
Rankweil noch über 38 Jahre, wurde
auch zur Würde des Dekans erhoben
und starb hochbetagt am 20. Januar
1844.
Der Kirchenbau wurde erst 1807 voll
endet, wie auch die auf der Stirnseite
angebrachte Jahrzahl erweist. Die fei
erliche Einweihung erfolgte den 25.
Juli 1808 durch den Bischof von Chur,
Karl Rudolf von Buol-Schauenstein.
Die Kosten beliefen sich ziemlich ge
nau auf 16394 Gulden, die Leistungen
der Gemeinde miteingerechnet. Sie ist
allerdings zu klein angelegt worden;
aber wir müßen das dem guten Kaiser
Franz, der in ewigen Kriegsnöten war,
zugute halten.
Sie wäre übrigens noch kleiner her
ausgekommen, wenn nicht, wie er
zählt wird, zwei Männer, die damals
in und außer der Gemeinde das größte
Ansehen genossen, nämlich Land
amman Franz Anton Frick und Haus
meister Joh. Baptist Büchel, während
der Nacht die Ziele weiter auseinan
der gesteckt hätten. An uns freilich,
geliebte Pfarrkinder, ist jetzt die ern
ste Pflicht gebieterisch herangetreten,
an ein größeres Gotteshaus für die