Volltext: Balzner Neujahrsblätter (1995) (1995)

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Eine Parkanlage 
im Junkerriet 
Wilfried Kaufmann 
Kriegsjahre 1939 - 1945. Ein brüten 
der Sommertag. Mit staunenden Kin 
deraugen verfolge ich jeden Griff ei 
nes schrundhändigen, schweißtrie 
fenden Mannes auf einem riesigen 
Bagger. Er gräbt das Schilf des 
Junkerrietes um. Ein Wort fällt, das 
ich nicht verstehe: «Drainage». Hat es 
wohl, frage ich mich, mit «trainieren» 
zu tun? Im Fußball kenne ich mich 
nämlich aus. Das Schilf, in dem wir oft 
gespielt haben, fällt schweigend. 
Braune Erde bedeckt das Riet. Ein 
Netz von Gräben durchzieht den wei 
chen Torfboden. Darin liegen Tonröh 
ren. «Das also» sagt mein Vater, «ist 
Drainage. Mit dem blöden Tschutten 
hat dies nichts zu tun.» 
Das war der Anfang eines wechselvol 
len Naturschicksals und das Ende ei 
ner zehntausend Jahre alten Ge 
schichte. Das Junkerriet ist «melio 
riert», wie es damals in der Anbausch 
lacht hieß. Die Drainage ist längst er 
drückt. Als Ackerland bald aufgelas 
sen, verkam das Junkerriet zum Ab 
falleimer der Gemeinde. Es wurde in 
Müll und Geschiebe erstickt. Dann 
wurde das ehemalige Feuchtgebiet 
zum Gras- und Weideland umgestal 
tet. Nun liegt das Junkerriet da, sich 
selbst entfremdet, eine Einöde vor 
dem Balzner Wahrzeichen, dem 
Schloßhügel. Das Junkerriet wartet 
auf neue Ideen. Was bisher getan wur 
de, möchte ich Ihnen vorstellen: 
Das Gutenberg-Seelein im Junkerriet 
Ein Seelein im Junkerriet wurde 
schon zu Beginn der siebziger Jahre in 
die Ortsplanung integriert. Der Vor 
schlag wurde teilweise bekämpft, teil 
weise nicht weiter verfolgt. 1981 ergab 
eine Bevölkerungsumfrage eine Mehr 
heit für das Gutenberg-Seelein. Im 
November 1983 skizzierte unser Mit 
bürger Wilfried Wolfinger das Guten 
berg-Seelein im Liechtensteiner Um 
weltbericht Nr. 14. Er schlägt im we 
sentlichen einen illustrierten Rund 
weg mit Aussagen über die Natur- und 
Kulturwerte des Burghügels vor. Das 
Gutenberg-Seelein wird als Parallele 
zum idyllischen Werdenberg-Seelein 
dargestellt. In beiden Seen könnten 
sich zwei Schlösser spiegeln. Das Pro 
jekt des Gutenberg-Seeleins wird 
durch vier Argumente gestützt: 
1. Eine Überbauung auf der Südseite 
des Gutenberghügels ist aus raum 
planerischen Gründen abzulehnen, 
zumal der Baugrund sehr schlecht ist. 
2. Der Burghügel mit seiner markan 
ten Erscheinung wird durch ein See 
lein noch attraktiver. 
3. Das Naherholungsangebot wird 
durch das Gutenberg-Seelein verbes 
sert. Die einstigen Feuchtgebiete und 
Fließgewässer sind größtenteils ver 
schwunden. Wasser kann den Er 
holungswert des Junkerrietes wesent 
lich erhöhen. 
4. Zwar wäre das Gutenberg-Seelein 
vorwiegend für Erholungszwecke 
und die höhere Attraktivität von 
Balzers gedacht. Im Seelein selbst 
und rund um das Seelein herum 
könnten jedoch die einheimische Flo 
ra und Fauna profitieren. 
Das Junkerriet als Thema einer Di 
plomarbeit 
1986 schrieb der junge Balzner 
Landschaftsarchitekt Günther Vogt 
seine Diplomarbeit: «Freiraumpro 
jekt Parkanlage Junkerriet Balzers». 
Die Vorstellungen des jungen Fach 
mannes können das Junkerriet nicht 
nur in seinen Naturwerten aufwerten. 
Es könnte als vorgelagertes Land 
schaftselement darüber hinaus eine 
sinnvolle natürliche Ergänzung des 
Schloßhügels werden. 
Raumplanung 
In der Ortsplanung 1981 der Gemein 
de Balzers gilt das Junkerriet als 
Freihaltezone. Das Junkerriet soll als 
Grünanlage im Gemeindezentrum 
erhalten bleiben. Günther Vogt 
schreibt; «Nach dem Kauf der Burg 
Gutenberg durch den Staat Liechten 
stein und der Erarbeitung eines neuen 
Nutzungskonzeptes für das histori 
sche Gebäude als Kultur- und Tou 
rismusangebot soll nun auch ein 
Freiraumkonzept für das benachbarte 
Junkerriet erstellt werden. Nach der 
Vorstellung der Gemeindebehörden 
soll im Gebiet ‘Junkerriet’ eine Was 
serfläche mit den entsprechenden Er 
schließungseinrichtungen und Spa 
zierwegen entstehen, die der Gemein 
de als Erholungsflächen zur Verfü 
gung stehen... Die Gemeinde leistet 
sich ein Stück Landschaft mit den At 
tributen einer natürlichen und ro 
mantischen, kleinbäuerlichen Struk 
tur als Teil ihrer Umgebung, einge 
rahmt von jenen Flächen, auf denen 
tatsächlich produziert bzw. gewohnt 
wird. Damit liegt der Vergleich zum 
klassischen Landschaftsgarten auf 
der Hand.» 
Landschaftsgarten 
Das Junkerriet soll nach Günther 
Vogts Vorschlag ein Landschafts 
garten werden, ein zentraler Ort zwi 
schen Balzers und Mäls, ein Naherho 
lungsgebiet. Kinderspielplätze, Park 
anlage, Wasserflächen, Feucht 
wiesen, Trockenrasen, Weinberg 
mauern, Allmeindweiden mit maleri 
schen Einzelbäumen, Obstwiesen 
und -gärten: Das alles soll den Besu 
cher des Junkerrietes am Ort selbst 
und in der Umgebung erfreuen. Gün 
ther Vogt charakterisiert den Land 
schaftsgarten u.a. wie folgt: 
«In einem Landschaftsgarten soll die 
Schönheit des gesamten umliegenden 
Landstrichs kulminieren. Seine Anla 
ge setzt im allgemeinen eine schon mit 
natürlichen Reizen ausgestattete Ge 
gend voraus. 
Das hervorragende Element soll der 
künstliche See werden. Es soll nicht 
Natur imitiert werden - etwa im Ge 
gensatz zur Naturanlage St. Katha-
	        

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