Volltext: Das liechtensteinische Datenschutzrecht im Lichte der europischen Datenschutz-Grundverordnung

als lex specialis als auch als lex posterior, sodass dieser Bestimmung materiell derogiert ist 
und sie damit keine Anwendung mehr findet. Es wäre daher durchaus sinnvoll gewesen, lit e 
leg cit auch formell aufzuheben. 
Insgesamt ist im Hinblick auf die Ausnahmen des Anwendungsbereiches festzuhalten, 
dass sich der liechtensteinische Gesetzgeber — gerade im Hinblick auf Art 2 Abs 3 lit c und d 
DSG - wohl zu sehr auf eine wort- und interpretationsgetreue Rezeption des chDSG kon- 
zentrierte und die korrekte Umsetzung der DS-RL eine eher sekundáre Rolle spielte, obwohl 
gerade diese für Liechtenstein als EWR-Vertragsstaat Prioritát haben sollte. 
Eine weitere generelle Ausnahme vom Anwendungsbereich des DSG - jedoch nicht eine 
Ausnahme von Anwendungsbereich datenschutzrechtlicher Bestimmungen im Allgemeinen 
— enthält Art 2 Abs 4 DSG, welches für leges speciales einen Anwendungsvorrang vor- 
schreibt. Dieser ergibt sich jedoch bereits aus dem Interpretationsprinzip lex specialis derogat 
legi generali*?, weswegen grundsätzlich kein Bedarf für eine solche Regelung bestanden 
hátte.9? Diese Auslegungsregel kann für den Datenschutz jedoch nicht unumschránkt gelten, 
da die Anwendbarkeit des DSG als allgemeine Regel aufgrund datenschutzrechtlicher Best- 
immungen in zahlreichen Spezialgesetzen áuferst stark beschrünkt würde.9?! Zentral ist in 
diesem Zusammenhang, dass eine spezialgesetzliche Vorschrift dann zur (alleinigen) Anwen- 
dung kommt, wenn sie gegenüber dem DSG einen erhóhten Datenschutz einráumt oder den 
Datenschutz , für ein bestimmtes Rechtsgebiet einschránkt und die aufgeworfene Rechtsfrage 
abschließend regelt.“®* Als zusätzliches Kriterium für die Anwendbarkeit von Spezialbestim- 
mungen gilt darüber hinaus, dass diese konform mit der DS-RL sind und sich innerhalb der 
vólkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben bewegen.9? Die DS-RL stellt hierbei 
eine Vorgabe für alle datenschutzrechtlichen Bestimmungen in der liechtensteinischen 
Rechtsordnung dar und müssen diese Vorgaben auch in datenschutzbezogenen Spezialvor- 
schriften umgesetzt werden.9"^ Ist eines dieser Kriterien nicht erfüllt, ist die Rechtsfrage nach 
dem DSG zu beantworten. 
  
64 Vgl zB Belser/Noureddine in Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, 8 8, Rz 67; StGH 1991/146, LES 
1993, 73, Leitsatz 1; OGH 5.2.2004, 10 HG.2002.26, LES 2005, 41, Leitsatz 1a. 
85? Vg] Mittelberger, LJZ 2013, 117. 
61 Vg] Belser/Noureddine in Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, 8 8, Rz 86; BuA 130/2008, 16 f. 
5? Mittelberger, LJZ 2013, 120; Belser/Noureddine in Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, 8 8, Rz 126. 
85 Vg] Belser/Noureddine in Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, 8 8, Rz 89; Mittelberger, LJZ 2013, 
119 f; so auch StGH 2011/11, GE 2013, 66. 
859^ Vg] Mittelberger, LJZ 2013, 120; BuA 130/2008, 19. 
124
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.