Volltext: Rechtliche Ausgestaltung des Genossenschaftswesens in Liechtenstein

Genossenschaftswesen Liechtenstein 
Wortsinn — zu einer Ausschlussgemeinschaft führen. So wurde bereits in der Abstimmungsbroschüre 
über die Errichtung der Bürgergenossenschaft Triesen als Gegenargument festgehalten: „Das verbin- 
dende Zusammenwachsen unserer Gesellschaft wird durch die Bildung einer Bürgergenossenschaft eher 
erschwert. Entgegen allen bisherigen Bestrebungen, unsere Gesellschaft mit Blick auf die zukünftigen 
Aufgaben zusammenzuführen, entstünden hier Strukturen, welche wieder eine Gefahr der Aufspaltung 
der Bevólkerung in sich tragen kónnen.*'* 
Dieser gesellschaftspolitischen Komponente werden sich die Bürgergenossenschaften in Zukunft wohl 
noch vermehrt stellen müssen, sofern davon ausgegangen wird, dass die bisherigen Entwicklungen der 
Zu- und Binnenwanderung fortdauern. Entsprechend wird es immer weniger Liechtensteinerinnen und 
Liechtensteiner geben, die in ihrer Heimatgemeinde leben und - sofern vorhanden — Mitglied der dorti- 
gen Bürgergenossenschaft sind. Entsprechend wird auch das verfassungsrechtliche Spannungsverhiltnis 
zwischen der Eigentumsgarantie sowie dem Gleichbehandlungsgrundsatz an Bedeutung gewinnen. Laut 
BUSSJAGER ist dies vor allem dort verfassungsrechtlich problematisch, wo die Ansprüche der Genos- 
senschaftsmitglieder über die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, das historische Substrat der Bür- 
gergenossenschaften, hinausgehen, wie etwa bei der Zuweisung von Bauland.*!* 
Weiter weist er zudem auf die — offen gelassene — Frage hin, ob eine solche Regelung nicht auch EWR- 
rechtlich problematisch sein kónnte in Hinsicht auf das Diskriminierungsverbot gemüss Art 4 EWR- 
Abkommen. Auch wenn eine detaillierte Analyse dieser Frage an dieser Stelle den Rahmen sprengen 
würde, so sei doch darauf hingewiesen, dass ühnliche historisch gewachsene Organisationsformen auch 
in anderen EWR-Mitgliedstaaten existieren und zudem mit der Entflechtung von Bürgergemeinde und 
politischer Gemeinde dafür gesorgt wurde, dass nicht mehr alle Einwohner einer politischen Gemeinde 
Leistungen an die Bürgergemeinde erbringen, von denen nur die Alteingesessenen Nutzen in Anspruch 
nehmen kónnen. Diese bis 1996 bestehende Rechtslage wurde z.B. in den Abstimmungsunterlagen zur 
Bürgergenossenschaft Vaduz als Motivation für deren Gründung angeführt, widerspreche dies doch dem 
im EWR geltenden Diskriminierungsverbot.!5e 
In der Schweizer Bundesverfassung werden in Art 37 Abs 2 Vorschriften über die politischen Rechte in 
Bürgergemeinden und Korporationen sowie über die Beteiligung an deren Vermógen ausdrücklich vom 
Verbot ausgenommen, jemanden wegen seiner Bürgerrechte zu bevorzugen oder zu benachteiligen. 5? 
  
183 Gemeinde Triesen (Hrsg), Abstimmung Bürgergenossenschaft 33. 
184 Bussjiiger, Stellungnahme 19. 
155 Bussiüger, Stellungnahme 12. 
186 Gemeinde Vaduz (Hrsg), Dokumentation und Information zur Bürgerversammlung 31. 
157 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999, SR 101. 
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