Volltext: Rechtliche Ausgestaltung des Genossenschaftswesens in Liechtenstein

Genossenschaftswesen Liechtenstein 
Hinsichtlich der Regelungen über die Mitgliedschaft verweist Art 485 PGR mehrfach auf die für einge- 
tragene Genossenschaften geltenden Bestimmungen, so z.B. betreffend Haftung und Nachschusspflich- 
ten. In Abweichung der dortigen Regelung sieht Art 485 Abs 1 PGR ausdrücklich die Möglichkeit vor, 
dass die Statuten die Mitgliedschaft als vererblich vorsehen können. Dies ist gestützt auf das historische 
Erbe insbesondere bei den Alpgenossenschaften bis heute noch verbreitet der Fall. 
Für Alp- und Weidegenossenschaften sieht Art 486 vor, dass nur jenes Vieh gealpt respektive zur Weide 
getrieben werden darf, „das mit dem in der Gemeinde, wo die Genossenschaft ihren Sitz und der Ge- 
nossenschafter seinen Wohnsitz hat, gewachsenen Futter (Blumen) überwintert worden ist (Überwinte- 
rungsgrundsatz).* Nur falls nicht geniigend derart iiberwintertes Vieh aufgetrieben werden kann, dürfen 
Mitglieder gemäss Art 486 Abs 3 auch anders überwintertes Vieh auftreiben. Angesichts der Tatsache, 
dass immer weniger Mitglieder der Liechtensteiner Alpgenossenschaften selbst Vieh halten!®, dürfte 
diese Nutzungsbeschrünkung aus früheren Zeiten" heute gegenstandslos sein. 
Ein weiteres Regulativ zur Anpassung des Tierbestands an die Ertragskraft der Alp! besteht in der 
Zuteilung fester Kuh- oder Weiderechte gemáss Art 487 PGR. Diese Bestimmung sieht vor, dass die 
Mitgliedschaft mit Anteilsrechten, auch ,Tesslen* genannt, verbunden werden kónnen. Entsprechend 
richten sich die Berechtigungen und Verpflichtungen der einzelnen Mitglieder „nach Zahl und Grösse 
der Teilrechte“.!* Über diese Genossenschaftsanteile ist ein Anteilbuch!^ zu führen, welches sich bei 
Genossenschaftsalpen nach den Vorschriften im Sachenrecht über das Alp- oder Seybuch zu richten 
  
36 Bei der Alpgenossenschaft Kleinsteg waren 2015 von 111 Mitgliedern nahezu 95 96 nicht mehr Viehtreibende (Beck, Die 
Alpgenossenschaft Kleinsteg heute, in Alpgenossenschaft Kleinsteg (Hrsg), 400 Jahre Kauf Schádlersboden, Alpgenossen- 
schaft Kleinsteg, 1406 . 1615 . 2015 (2015) 20. 
137 In den Statuten der Alpgenossenschaften Gritsch und Guschg vom 24. März 1843 ist in Art 2 festgehalten: „Jeder Stoffel- 
genosse hat das Recht, jáhrlich soviel Vieh auf benannte Alpen auftreiben zu kónnen, als er mit dem auf eigenthümlichen 
Boden erzeugten Futter durchzuwintern im Stande war." (Pepic, Die ältesten Schaaner Alpstatuten, in Gemeinde Schaan 
(Hrsg), 500 Jahre Alpgenossenschaften Schaan, FS zur Alpteilung von Gritsch und Guschg 1503 (2003) 57 (61). 
138 Sh Ospelt, Alpwirtschaft, in Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein (Hrsg), Historisches Lexikon des Fürs- 
tentums Liechtenstein I (2013) 14 (16). 
139 Art 487 Abs 2 PGR. 
9 Bis 1868 waren die Anteile der drei Triesenberger Genossenschaften Gross-Steg, Kleinsteg und Silum in Alprechtshólzer 
geschnitzt, sogenannte ,Beigla'. Während auf der Vorderseite das Hauszeichen eingeritzt war, waren auf der Rückseite „mit 
eingekerbten Strichen die Anteilrechte festgehalten: Ein ganzer Strich ist ein ganzer Anteil an Weid, ein halber Strich die 
Hälfte eines Anteils, eine eingekerbte runde Vertiefung nur ein Viertel-Anteil. Die Beigla waren an einer Schnur aufgezogen 
in einer Truhe in der Sakristei aufbewahrt, zum Öffnen waren drei Schlüssel notwendig, die der Pfarrer, der Richter und der 
Kirchenpfleger in Verwahrung hatten. Änderungen an diesen Hölzern durften nur in Anwesenheit dieser drei Amtspersonen 
ausgeführt werden.“ (Zwiefelhofer, Siedlungs- und Bauformen der Liechtensteiner Walser, in Historischer Verein für das 
Fürstentum Liechtenstein (Hrsg), Jahrbuch des historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Band 96 (1998) 223). 
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