Volltext: Rechtliche Ausgestaltung des Genossenschaftswesens in Liechtenstein

Genossenschaftswesen Liechtenstein 
Eine Mindestanzahl an Mitgliedern ist im PGR nicht explizit vorgesehen.!® Die Legaldefinition der Ge- 
nossenschaft in Art 428 Abs 1 PGR geht jedoch implizit von mindestens zwei Griindungspersonen aus, 
spricht sie doch von „Personen“ in Mehrzahl und erwähnt als Mittel zur Zweckverfolgung ausdrücklich 
die gemeinsame Selbsthilfe, was logischerweise eine Mehrzahl von Personen voraussetzt.!” Zwei Mit- 
glieder genügen dem liechtensteinischen Handelsregister jedenfalls zur Eintragung, wie das Beispiel der 
Genossenschaft Archiv-Atelier Spinieu zeigt, die als gemeinsame Betriebsgenossenschaft zweier Stif- 
tungen im Kulturbereich gegründet wurde.!05 
Art 430 PGR definiert den zwingend vorgeschriebenen Mindestinhalt der Genossenschaftsstatuten 
(Name, Zweck etc.) und Art 430a PGR listet diejenigen Bestimmungen auf, die nur bedingt notwendig 
sind. Dabei geht es um explizit aufgeführte Abweichungen vom dispositiven Gesetzesrecht, die nur dann 
Wirksamkeit entfalten kónnen, wenn sie in den Statuten verankert sind. Dabei geht es beispielsweise 
um die Schaffung eines Genossenschaftskapitals durch Anteilscheine oder Bestimmungen über die per- 
sónliche Haftung und die Nachschusspflicht der Genossenschafter. Beide Bestimmungen wurden im 
Rahmen der PGR-Revision 2006/2007 an die entsprechenden Vorschriften im OR angeglichen. 
Weiter wird in den folgenden Bestimmungen dieses Kapitels die konstituierende Generalversammlung 
geregelt, die Modalitäten und der Umfang der Eintragung ins Handelsregister sowie der Umgang mit 
allfälligen Sacheinlagen. Diese Bestimmungen des PGR finden zu einem grossen Teil keine Entspre- 
chung im aktuellen OR, da sie entweder von denjenigen im OR-Entwurf 1919 inspiriert sind, die keinen 
Eingang ins aktuelle OR gefunden haben, oder es sich um Ergänzungen von Wilhelm Beck in seinem 
PGR-Entwurf handelt (sh. Anhang). 
5.1.1.4 Mitgliedschaft (Art 436-470 PGR) 
Der Beitritt zu einer Genossenschaft erfolgt gemáss Art 436 und 437 PGR in der Regel über eine schrift- 
liche Beitrittserklárung nach entsprechender Zustimmung durch die Generalversammlung (GV). Dabei 
handelt es sich um dispositives Gesetzesrecht, von dem mittels Statuten abgewichen werden kann. 
  
106 Anders Art 831 Abs 1 OR, wonach bei der Gründung einer Schweizer Genossenschaft mindestens sieben Mitglieder betei- 
ligt sein müssen. Gemáss BGE 138 III 407 handelt es sich dabei um ein ,,begriffsbestimmendes Element der Genossenschaft", 
weswegen die Unterschreitung der Mindestzahl von sieben Genossenschaftern die Auflósung der Genossenschaft zur Folge 
haben müsse. Kritisch dazu: Taisch/Troxler, Mindestmitgliederzahl bei Genossenschaften, AJP 11/2012, 11, sowie Forst- 
moser/Taisch/Troxler, Verpasste Chancen und unabsehbare Folgen für Genossenschaften, Ein fragwürdiges Urteil zur Min- 
destmitgliederzahl, in Neue Zürcher Zeitung vom 23. Oktober 2012, 33. 
107 73 gleichem Schluss kommt Marxer, Lánderbericht Liechtenstein, in: Study on the implementation of the Regulation 
1435/2003 on the Statute for European Cooperative Society (SCE) http://ec.europa.eu/growth/sectors/social-eco- 
nomy/cooperatives/european-cooperative-society/index en.htm (725, abgefragt am 20.2.2016), sowie Frick /Thiede, Unter- 
nehmensführung im Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieb im Fürstentum Liechtenstein (2015) 31. 
108 http://archiv-atelier.li (abgefragt am 25. März 2016). 
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