Volltext: Nachbar Ständestaat

Christlichsozialen Partei zu den Heimwehren als prägend für die weitere politische Ent- 
wicklung. Zunächst als regionale und lokale Selbstschutzverbände unmittelbar nach dem Ersten 
Weltkrieg gegründet, erhielten die Heimwehren durch ihren ausgeprägten Antimarxismus bald 
schon innenpolitische Bedeutung. Gefördert von den bürgerlichen Parteien, sollten die räumlich 
und sozial stark zersplitterten Heimwehren als deren ausserparlamentarisches, paramilitärisches 
Hilfsmittel dienen. 
Im Juli 1927 hatten die Heimwehren mit der Niederschlagung des Verkehrsstreiks im 
Zusammenhang mit der Julirevolte?! Gelegenheit sich in dieser Funktion zu profilieren, womit 
auch deren politische Bedeutung zunahm.?? So traten im Jahr 1928 die Heimwehren zusammen 
mit dem grossdeutsch geprágten Landbund und dem, für die Partei massgebenden, 
christlichsozialen Parteiobmann Ignaz Seipel mit Forderungen einer Verfassungsánderung an 
die Öffentlichkeit. Die Forderungen nahmen bereits Aspekte des Austrofaschismus vorweg. So 
verlangte der Landbund die Stárkung der Stellung des Bundesprásidenten und die Umwandlung 
des Bundesrates in eine Ständevertretung, während Seipel vor allem Kritik an Parlament und 
Parteien übte und die Heimwehren, welche auch vonseiten des faschistischen Italien gefórdert 
wurden, unter anderem für die Errichtung eines auf faschistischer Grundlage aufgebauten, 
autoritáren Stándestaats votierten.? Die schliesslich 1929 verabschiedete Verfassungsnovelle, 
die die Stellung des Parlaments zugunsten des Bundesprásidenten schwáchte, ging den 
Heimwehren nicht weit genug. Mit dem ,,Korneuburger Eid" 1930 gaben sich die Heimwehren 
ein faschistisches Programm, welches in Teilen von den Christlichsozialen gutgeheissen wurde. 
Hierdurch büsste die Christlichsoziale Partei zunehmend ihr demokratisches Substrat ein.?* 
Als im Zuge der Wirtschaftskrise die bürgerliche Regierungskoalition eine Sanierungspolitik 
zulasten breiter Bevölkerungskreise betrieb, erodierte die Wählerbasis der bürgerlichen 
Parteien zugunsten der Nationalsozialisten. Im Angesicht der wirtschaftlichen Krise und 
schwindender bürgerlicher Unterstützung wurde 1932 die Regierung Dollfuss bestehend aus 
einer Koalition der Christlichsozialen Partei, der Parteiorganisation der Heimwehren „Heimat- 
block“ und dem Landbund gebildet? Aufgrund einer parlamentarischen Mehrheit der 
  
H Im Januar 1927 schossen drei Frontkämpfer im burgenländischen Schattendorf auf eine Gruppe des 
Republikanischen Schutzbundes, der paramilitärischen Organisation der Sozialdemokraten, wodurch zwei 
Personen umkamen. Als im darauffolgenden Prozess im Juli die Frontkämpfer aber freigesprochen wurden, folgten 
Demonstrationsmärsche von Wiener Arbeitern, in deren Zusammenhang der Justizpalast angezündet wurde. Mit 
Gewaltmassnahmen wurden die Unruhen unterdrückt und der von Sozialdemokraten und Gewerkschaften pro- 
klamierte Verkehrsstreik mittels der Heimwehren gebrochen. Maderthaner, Historisches Lexikon Wien 3, S. 398. 
22 Talos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem, S. 12 — 14. 
23 Ebd., S. 14 — 16. 
?! Ebd., S. 18 — 20. 
?5 Ebd., S. 22.
	        

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