Volltext: Nachbar Ständestaat

zu verwirklichen, bediente sich die Bürgerpartei bei jenen Katholisch-Konservativen in der 
Schweiz, die nur eine ständische Organisation der Gesellschaft und Wirtschaft und nicht die 
Errichtung des Ständestaats propagierten. So griff das Volksblatt einen Artikel der katholisch- 
^ auf, der betonte, dass die berufsständische 
konservativen Neuen Züricher Nachrichten!? 
Ordnung nicht von oben herab zu errichten sei, sondern von unten „organisch“ wachsen 
miisse.'® Im Riickblick auf die verworfene Initiative im Mai 1935 fiigte das Volkblatt bei, dass 
man zwar nichts gegen den berufsstándischen Gedanken habe, dass er aber in Liechtenstein zu 
sehr ,verpolitisiert^ werde.!59 Mit diesem Standpunkt konnte die Bürgerpartei den Vorwürfen 
des Heimatdienstes begegnen, dass die Partei kontrár zur pápstlichen Enzyklika und den 
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Katholiken in Österreich und der Schweiz stehe,!®” ohne dabei konkrete politische 
Veränderungen anstossen zu müssen. 
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die Bürgerpartei zum einen zwar befürwortend zur 
Konstituierung des Austrofaschismus äusserte, aber der ständische Umbau Österreichs ihr 
primär als Beispiel der negativen Folgen eines „überspitzten Parlamentarismus‘ diente. Zum 
anderen wurde dargelegt, dass der Standpunkt der Bürgerpartei bezüglich der berufsständischen 
Ordnung ein ambivalentes Bild offenbart. Dieses umfasst den Ständestaat deutlich ablehnende 
Positionen, ausweichende Äusserungen im Kontext der Ständestaats- und Proporzinitiative, wie 
auch vage Sympathiebekundungen für entpolitisierte berufsständische Gedanken. 
4.2.1 Bürgerparteijugend „Heimatbund ‚Jung Liechtenstein‘“ für den Ständestaat 
Seit dem Sommer 1930 trat der sogenannte Heimatbund „Jung Liechtenstein“ an die 
Öffentlichkeit. Trotz anfänglich proklamierter politischer Unabhängigkeit handelte es sich 
beim Heimatbund Jung Liechtenstein faktisch um die Jugendorganisation der Biirgerpartei.'®® 
So hielten bei der ersten ,,Bundestagung" von Jung Liechtenstein im Oktober 1931 Exponenten 
der Bürgerpartei wie Regierungschef Hoop und Landtagsprásident Frommelt Ansprachen, und 
bei den Landtagswahlen im März 1932 leistete die Gruppierung der Bürgerpartei Unter- 
stützung.!® Doch nachdem sich der Heimatbund für eineinhalb Jahre nicht mehr exponiert 
hatte, brachte er im Oktober 1933, zwei Wochen nachdem der Heimatdienst mit seinem Partei- 
organ die politische Bühne betrat, seine „Mitteilungen des Heimatbundes ‚Jung Liechtenstein““ 
heraus. Darin distanzierte sich der Bund deutlich von der Bürgerpartei und trat für ein 
  
184 Zollinger, Frischer Wind oder faschistische Reaktion, S. 399. 
185 VB. 24.9.1935, S. I. 
186 Ebd. 
187 L HD, 4.5.1935, S. 1- 2 und 8. 
155 Geiger, Krisenzeit 1, S. 325 — 326. 
189 Ebd., S. 327. 
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