Volltext: Der Staatsvertrag in Liechtenstein und seine vorläufige Anwendung

angewendete Vertrag (oder Teile davon) volle Rechtswirkung und kann als Vertrag 
i.S.v. Art. 2 Abs. 1 lit. a WVK angesehen werden. 
Die dogmatische Einordnung des Phänomens der vorläufigen Anwendung spielt in 
der praktischen Anwendung aber wahrscheinlich keine grosse Rolle mehr, da die 
verbindliche Rechtskraftwirkung und Durchsetzbarkeit der vorláàufigen Anwendung 
allgemein anerkannt ist, wie dies einleitend schon beschrieben wurde. So weist 
Gómez-Robledo in seinem zweiten ,Report' auf die Sichtweisen der verschiedenen 
Staatenvertreter hin, welche die verbindliche Wirkung der vorläufigen Anwendung 
bekunden und keine Zweifel daran lassen, dass sie der vorläufigen Anwendung volle 
Rechtskraftwirkung zuschreiben: 
„...At the same time, the information submitted by States such as Norway and Botswana, 
while not contradicting this conclusion, indicates that the process for allowing provisional 
application is the same as the process for seeking the ratification and entry into force of a 
treaty. Switzerland, for example, does not regard “provisional application” and “provisional 
entry into force” as two distinct legal concepts; it thus views these concepts as being the 
same from the standpoint of their legal effects. It even raises the question of whether, that 
being the case, the regime governing reservations should also cover provisional 
application. The United States, meanwhile, reports that, in the view of a member of the 
Senate Foreign Relations Committee, a treaty that is applied provisionally has the same 
legal status as any other United States agreement concluded by the President and that 
treaties appliedprovisionally have full effect at the domestic level pending a decision to 
«388 
ratify them. 
Am Beispiel des Protokolls Nr. 14 zur Europäischen Menschenrechtskonvention?9? 
zur Entlastung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt sich 
dann auch die Staatenpraxis klar, dass durch die vorläufige Anwendung Rechte und 
Pflichten begründet werden. Das Protokoll konnte aufgrund einer Blockade von 
Russland jahrelang nicht angewendet werden. Mittels einer Übereinkunft zwischen 
allen Vertragsstaaten (einschliesslich Russland) am 12. Mai 2009 in Madrid wurde 
aber eine Lösung geschaffen. Die einzelnen Staaten konnten eine Erklärung 
0 
abgeben“ , mit der sie Art. 4, 6, 7 und 8 des Protokolls Nr. 14 vorläufig anwenden 
werden. Somit konnte das Protokoll zur Entlastung des EGMR auch ohne Russland 
  
387 ygl. Montag, vorl. Anwendung, 1986, S. 72. 
399 Gómez-Robledo, Second report, 2014, S. 5. 
39? Protokoll Nr. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention LGBI. 2009/234. 
39? Dazu zàhlte auch Liechtenstein. Siehe dafür Liste in Anhang II. 
75
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.