Regelung zu einer „Auslese“ führen, wonach jeder Staat diesen Teil eines Vertrages
für sich nicht gelten lässt, der mit seinem Recht nicht oder nur unter Umständen zu
vereinbaren wäre. Dies dürfte der Rechtssicherheit abträglich sein. Das Gericht ging
in seiner Argumentation sogar noch weiter. Wenn man nämlich einem Staat erlauben
würde, die Verpflichtung zur vorläufigen Anwendung nach seinem innerstaatlichen
Recht so zu „modulieren“, dass jede einzelne Bestimmung mit seiner Rechtsordnung
kongruieren müsste, würde dies den Grundsatz untergraben, dass durch die
vorläufige Anwendung von Verträgen Verpflichtungen geschaffen werden.“
Zum Abschluss soll hier aber noch betont werden, dass ein Vorbehalt wie jener in
Art. 45 Abs. 1 ECT natürlich den Verhandlungspartnern überlassen und damit dem
freien Parteiwillen unterworfen bleibt, wenn dieser sprachlich so formuliert ist, dass
der gesamte Inhalt des Vertrags einer Überprüfung der Konformität mit dem
innerstaatlichen Recht unterstellt wird. Eine Klausel, die so ausgestaltet wurde, dürfte
gegenüber Art. 27 WVK in seiner Legitimation unbedenklich sein.*?" Schliesslich darf
noch erwähnt werden, dass auch Gömez-Robledo betont, dass das innerstaatliche
Recht keine Rechtfertigung darstellt, sich den völkerrechtlichen Verpflichtungen
eines Staates zu entziehen, die sich aus einem vorläufig angewendeten Vertrag
ergeben. Art. 27 WVK ist also auch auf Verträge anzuwenden, wenn diese vorläufig
angewendet wurden.???
Art. 46 WVK
In engem Zusammenhang mit Art. 27 WVK steht Art. 46 WVK??., Dieser Artikel
behandelt die innerstaatlichen Kompetenzen eines Verhandlungsführers und
Unterzeichners eines Vertrages im Bezug auf den Abschluss. Demnach kann sich
gem. Art. 46 Abs. 1 WVK ,....ein Staat nicht darauf berufen, dass seine Zustimmung,
durch einen Vertrag gebunden zu sein, unter Verletzung einer Bestimmung seines
innerstaatlichen Rechts über die Zustándigkeit zum Abschluss von Vertrágen
ausgedrückt wurde und daher ungültig sei, sofern nicht die Verletzung offenkundig
war und eine innerstaatliche Rechtsvorschrift von grundlegender Bedeutung betraf."
Wurde dem Vertrag also die Zustimmung durch ein Organ erteilt, das dazu
329 Vgl. Ad hoc Tribunal, PCA Case No. AA 227, 2009, Rn. 314.
321 Vgl. Gómez-Robledo, Third report, 2015, S. 14. Hier aber dennoch der Hinweis in Gómez-Robledo, Third
report, 2015, Rz. 65: , Thus, in the Yukoscase, it was recognized that provisional application is a question of
public international law, which should not be combined with domestic law to form a hybrid in which the content
of domestic law directly controls the content of an international legal obligation."
Unmissverstàndlich und klar dazu auch die Ansicht von Lefeber, Treaties, 2011, Rz. 17.
325 Art, 46 WVK LGBI. 1990/71.
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