Volltext: Der Staatsvertrag in Liechtenstein und seine vorläufige Anwendung

5. Phase: Ratifikation 
Hier erfolgt im Normalfall die endgültige Bindung an den Vertrag durch die 
Zustimmung eines Staates. Diese Zustimmung kann durch Ratifikation, 
Unterzeichnung, Notenwechsel, Beitritt etc. ausgedrückt werden. Es handelt sich 
dabei um die nach aussen gerichtete, völkerrechtliche Erklärung eines Staates, 
durch diesen Vertrag gebunden zu sein. °° Die Abgabe dieser 
Erklärung/Zustimmung (in der Regel durch Übergabe oder Hinterlegung der 
Ratifikationsurkunde) erfolgt meist durch das Staatsoberhaupt oder ein dafür 
bevollmächtigtes Organ, wie etwa durch den zuständigen Minister und kann erst 
nach einem positiven innerstaatlichen Zustimmungsverfahren durchgeführt 
werden.?? 
Eine vorläufige Anwendung eines völkerrechtlichen Vertrages erfolgt also im 
Normalfall vor einer allfälligen Ratifikation (siehe dazu gleich unten 
Bindungswirkung vs. Inkrafttreten)??? 
Von der Bindungswirkung der Ratifikation muss das /nkrafttreten des Vertrages 
unterschieden werden. Diese zwei Rechtswirkungen gilt es zu unterscheiden, 
denn sie fallen zeitlich gesehen nicht notwendigerweise zusammen. Eine 
mehrjáhrige Zeitspanne zwischen der subjektiven Bindung der Staaten und dem 
objektiven Inkrafttreten des Vertrages ist keine Seltenheit. ?? Dies hàngt vom 
p 204 
Vertrag und seinen Bestimmungen selbst a Auch zwischen den Phasen der 
Ratifikation und des Inkrafttretens gilt das oben erwáhnte Frustrationsverbot des 
Art. 18 WVK, sofern sich das Inkrafttreten nicht ungebührlich verzógert.?9 
Daraus ergibt sich neben dem Beispiel der Dringlichkeit ein weiterer 
Anwendungsgrund für die vorläufige Anwendung von völkerrechtlichen Verträgen. 
Die Staaten können nämlich eine vorläufige Anwendung des Vertrages oder 
einzelner Bestimmungen vereinbaren und damit dem Inkrafttreten des Vertrages 
vorgreifen, wenn z.B. noch keine genügende Anzahl an Ratifikationsurkunden 
  
29 ygl. Von Amauld, Vólkerrecht, 2014, S. 81. 
201 ygl. Heintschel von Heinegg, Quellen, 2014, S. 403. 
202 Vgl. Horst-Günther Krenzler, Die vorláufige Anwendung vólkerrechtlicher Verträge, Diss. Rota-Druck (Hrsg.), 
Wuppertal 1963, S. 19ff. 
23 ygl. Von Amauld, Vólkerrecht, 2014, S. 82. 
?* |m Normalfall bestimmt der vólkerrechtliche Vertrag selbst über sein Inkrafttreten. Die Vertragsparteien 
können also das Datum des Inkrafttretens selbst wählen. Wie häufig üblich bei multilateralen Verträgen, 
können sich die Vertragspartner auch darauf einigen, dass eine gewisse Anzahl an Ratifikationsurkunden 
vorliegen muss (siehe z.B. Art. 84 WVK), damit der Vertrag in Kraft treten kann und damit seine volle Wirkung 
(objektives Inkrafttreten) entfaltet. Vgl. dazu Binder / Zemanek, Völkervertragsrecht, 2013, S. 61ff; und auch 
Heintschel von Heinegg, Quellen, 2014, S. 405f. 
955 ygl. Von Amauld, Vólkerrecht, 2014, S. 83. 
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