Susanne Keller-Giger
Um einen Überblick über die Thematik zu gewinnen, wurde Fachlitera-
tur aus dem gesamten deutschen Sprachraum beigezogen. Auffallend ist,
dass sich in Deutschland und Österreich politische und gesellschaftliche
Brüche im 19. und 20. Jahrhundert weit stärker auf die Entwicklung der
historischen Vereine auswirkten, als dies in der Schweiz und in Liech-
tenstein der Fall war.*
Zwei Jahrhunderte historische Vereine —
ein kurzer Überblick
«Historische Vereine bzw. historische Gesellschaften in der Schweiz
sind Vereine nach Art. 60-79 ZGB, die als Vereinigungen von Ge-
schichtsfreunden, Interessierten und Fachhistorikern die Förderung des
Verständnisses für Geschichte sowie die Verbreitung historischer Kennt-
nisse unter ihren Mitgliedern zum Zweck haben. Sie sind mehrheitlich
als Publikumsgesellschaften organisiert und besitzen in der Regel eigene
Publikationsorgane.»®
Diese trockene Definition im Historischen Lexikon der Schweiz
erginzt Manfred Treml, Prisident des Gesamtvereins der deutschen
Geschichts- und Altertumsvereine, in eindringlicher Form: Geschichts-
vereine seien Orte der Begegnung «mit dem heimatlichen Raum, mit
Menschen, die gemeinsame Interessen und Vorlieben zeigen, der Begeg-
nung aber auch zwischen Laienforschern und Fachhistorikern, zwischen
Geschichtsinteressierten, Heimatpflegern, Naturschützern und Freun-
den von Kunst und Kultur». Wie nur wenige andere Einrichtungen
könnten sie dazu beitragen, «der institutionellen Zersplitterung und der
Segmentierung unseres Wissens entgegenzuwirken. In Zusammenarbeit
mit allen, denen Geschichte und Gegenwart ihrer Heimat am Herzen
liegt, können und müssen die Vereine zu einer regionalen und lokalen
Vernetzung beitragen und damit auch umfassende, ganzheitliche Be-
trachtungsweisen fördern, die für die Erhaltung von Kultur und Natur
unverzichtbar sind».°
4 Jäger, Vorwort, 5. 7.
5 Anne-Marie Dubler, «Historische Vereine», in: HLS, Bd. 6 (2007), S. 387-389.
6 Treml, Was sind und wozu braucht man Geschichtsvereine, S. 8.
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