Geschichtsbild in liechtensteinischen Lehrmitteln
arlberg. Ab den 1970er-Jahren zeichnete sich im Zuge des Multilateralis-
mus eine stete aussenpolitische Ausweitung ab, so im Verhältnis zu wei-
teren Staaten und dann als Mitglied in internationalen Organisationen.
Bilder und Deutungen: Bilanz
Wodurch zeichnet sich das liechtensteinische Geschichtsnarrativ in den
beiden Lehrmitteln mit den «Brücken zur Vergangenheit» und den «We-
gen in die Gegenwart» besonders aus? Zeitlich liegt das Schwergewicht
der Betrachtung im 20. Jahrhundert, dem sich der ganze Band «Wege in
die Gegenwart» widmet. Zurückgeführt wird die Geschichte im Band
«Brücken zur Vergangenheit» bis 1180, wobei der Hauptakzent der Dar-
stellung vom 17. bis ins 19. Jahrhundert reicht. Die Geschichte Liech-
tensteins wird weder auf alte Ursprünge zurückgeführt noch mytholo-
gisierend überhöht. Es handelt sich um an historischen Prozessen ausge-
richtete Darstellungen, mit denen offenkundig wird, wie ein Staatswesen
— nicht zuletzt bedingt durch die Zufälle der Geschichte — sich im Ver-
laufe der Neuzeit herausgebildet hat und wie sich diese Prozesse auf
Gesellschaft, Institutionen, politische Kultur und Mentalität bis in die
Gegenwart auswirken. Dabei werden verschiedene Akzente gesetzt und
Deutungslinien verstärkt:
Die Struktur im Gleichschritt mit der
europäischen Staatenwelt
Die Erzählung sowie der ihr zugrunde liegende historische Prozess der
Staatswerdung Liechtensteins erfolgt im Gleichschritt zu anderen euro-
päischen Ländern. Als Kleinststaat steht das Land aber als Sonderfall da,
der die Mediatisierung der deutschen Staaten überdauerte. Im Lehrmit-
tel wird dies mit dem «ausgesuchten Wohlwollen» begründet, das Napo-
leon gegeniiber Fiirst Johann I. hegte.* Das 1719 zum Reichsfürstentum
erhobene Gebiet überstand die Napoleonischen Kriege und wurde ein
43 Vogt, Brücken zur Vergangenheit, S. 106.
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