Hans Stricker
Schreiben den Hinweis, dass gemäss Art. 5 Abs. 4 DSG eine vorgängige
Information der Betroffenen insbesondere bei historischen oder wissen-
schaftlichen Forschungen nicht nötig sei, wenn diese einen «unverhält-
nismässigen Aufwand» erfordere. In Anbetracht des bevorstehenden
Projektabschlusses wurde zudem die Dringlichkeit der Angelegenheit
betont und um Klärung der folgenden Punkte gebeten:'
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«Frage der Schutzwürdigkeit: Ob es sich bei den immerhin rundum
bekannten und öffentlich ausgiebig verwendeten Rufnamen über-
haupt um an sich geheime, der Intimsphäre angehörige, mithin
<besonders schiitzenswerte> Personendaten handelt, kann bezwei-
felt werden: jeder kennt sie, jeder verwendet sie; sie sind — per defi-
nitionem und a priori — öffentlich. Die Rufnamen sind damit nicht
Eigentum der Benannten, sondern Eigentum der Öffentlichkeit,
allerdings auf den Benannten bezogen und — zugegebenermassen —
von diesem nicht in jedem Fall geschätzt.
Neue Fokussierung: Neu ist nur der Umstand, dass diese Rufnamen
im Liechtensteiner Namenbuch erstmals systematisch und umfas-
send gesammelt und fokussiert erforscht werden (natürlich ohne
jede Absicht der Blossstellung), und dass ihre akkumulierte Prä-
sentation einen gewissen Aufmerksamkeitseffekt erzielen wird.
Schutz der Betroffenen: Problematisch ist dabei nur das: Es gibt —
wie wir wohl wissen — nicht nur wohlmeinende und die Person in
ein vorteilhaftes Licht riickende Ubernamen. Es ist daher verstind-
lich, dass manche Leute gegen eine entsprechende Publikation threr
personlichen Rufnamen sein konnten. Die Frage ist nur, wie man
ihren Interessen entgegenkommen kann, ohne die Integrität der
Forschungsarbeit zu beeinträchtigen.
Wo verläuft die Trennlinie? Wie lässt sich objektiv entscheiden, was
als unannehmbarer Eingriff in eine Privatsphäre gelten muss? Wer
ist z.B. zuständig im Falle von verstorbenen Namenträgern? Wen
müsste man fragen? Wer wäre entscheidungsbefugt?
Aufwand: Unsere Sammlung von Ruf- und Übernamen geht in die
tausende: Ein Verfahren, das uns zwingen würde, eine Einwilligung
Schreiben des Projektleiters Hans Stricker an die Regierung vom 28. November
2006 (Privatarchiv Hans Stricker).