Carlo Moos
Trotz mancher Vergleichbarkeit und der im Untersuchungszeitraum
zentralen Abhängigkeit Liechtensteins von der Schweiz ergaben sich
Unterschiede in Problemstellung und Resultaten gegenüber der UEK.
Einmalig war der Fürst, wenngleich er in der Integrationsrolle, die er
erfolgreich spielte, dem Oberbefehlshaber der Schweizer Armee Henri
Guisan ähnelte. Auch die Flüchtlingsfrage war insofern anders, als
Liechtenstein wegen der permanenten Anschlussgefahr keine primire
Destination fur Flüchtlinge sein konnte und durch die Fremdenpolizei-
abkommen von 1923 und 1941 mit der Schweiz in seiner Selbstständig-
keit stark eingeschränkt war. Eine Besonderheit waren die liechtenstei-
nischen Finanzeinbürgerungen, die sehr begüterte Personen jüdischer
Abstammung und andere Verfolgte vor dem Zugriff des NS-Regimes
retten konnten, was bei gegen 150 Personen der Fall war.?® Liechtenstein
war ausserdem —- im Gegensatz zur Schweiz - kein Kunstmarkt,” und
auch ein systematischer Absatz von Gold wurde nicht festgestellt.”
Unterschiede und Ähnlichkeiten gegenüber
der Schweizer Kommission
Deutlich anders war das Verhalten der Öffentlichkeit. Sie war gegenüber
der liechtensteinischen Kommission erheblich weniger kritisch, als dies
in der Schweiz der Fall gewesen war. In Liechtenstein, das keine Armee
kennt, gab es keine Aktivdienst-Generation, keine Wehrleute, die den
Krieg an den Grenzen oder in Alpen-Widerstandsdispositiven verbracht
hatten und Zeit und Energie, die sie ihrer Heimat mit jahrelangem Mili-
tärdienst hatten opfern müssen, vehement zu verteidigen versuchten. Sie
ertrugen es schlecht, dass in der Optik der UEK nicht primär die Armee,
sondern die Finanzdienstleistungen und Rüstungslieferungen ins Dritte
Reich die Schweiz vor einem Einmarsch der Wehrmacht bewahrt hatten.
Andererseits gab und gibt es in Liechtenstein ein mit der Kleinheit des
Landes zusammenhängendes Phänomen der «Verbandelung»: Alle ken-
28 Siehe Jud, Liechtenstein und die Flüchtlinge.
29 Siehe Tisa Francini, Liechtenstein und der internationale Kunstmarkt.
30 Siche Lussy/ Lopez, Liechtensteinische Finanzbeziehungen, Kapitel 5.6, S. 426-434.
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