Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Bürgertum im Bauernland 
wenig im Übrigen die Mitgliedschaft in Vereinen oder eine Betätigung in 
der Politik. Der «natürliche» Platz der bürgerlichen Frau war die aus 
Vater, Mutter und Kindern bestehende Familie, welche dem «Aufgaben- 
und Verantwortungsbereich der Bürgerfrau unterstellt» war, wenngleich 
die Rolle des «Familienoberhaupts» dem Ehemann und Vater zugewie- 
sen war.'? Während dieser für ein ausreichendes Einkommen zu sorgen 
hatte, gaben Dienstboten der Frau die Freiheit, sich der Familie, der Er- 
ziehung der Kinder und einem standesgemässen Sozialleben zu widmen. 
Leben und Selbstverständnis «bürgerlicher» Frauen in Liechten- 
stein sind wenig fassbar. Einen Einblick geben etwa die Briefe, die Emma 
Rheinberger (1868-1943) von 1903 bis 1915 an ihren nach Amerika aus- 
gewanderten Vetter Alois Rheinberger schickte. Die Schwester Egon 
Rheinbergers hatte das Töchterinstitut Gutenberg in Balzers besucht, 
war ledig geblieben und berichtete resigniert über das eintönige familiäre 
und lokale Geschehen.? 
Am besten dokumentiert sind jene Frauen, die dem bürgerlichen 
Familienideal gerade nicht entsprachen: So etwa Maxentia Rheinberger 
(1832-1917), eine Schwester des Komponisten Josef Gabriel Rheinber- 
ger, die nach ihrem Eintritt in das Frauenkloster in Zams (Tirol) als Leh- 
rerin und Erzieherin tätig war und zuletzt zur Generaloberin der Zam- 
ser Schwestern aufstieg.!®® Unverheiratet geblieben waren auch Theresia 
Rheinberger (1790-1867), die 1845 1000 Gulden für eine Mädchen- 
schule in Vaduz stiftete,'* sowie Hermine Rheinberger (1864-1932), 
eine Schwester Emmas, die ab den 1870er-Jahren Gedichte verfasste, 
1887 den historischen Roman «Gutenberg-Schalun» veröffentlichte, 
1898 aber psychisch erkrankte.!®* Franziska von Hoffnaass (1831-1892), 
die Ehefrau Josef Gabriel Rheinbergers, konnte in der kinderlosen Ehe 
in Miinchen ihre kiinstlerisch-schriftstellerische Begabung ausleben.!3 
  
131 Budde, Bliitezeit, S. 25, 30. 
132 LI LA, AFRh, Ha 18, Emma Rheinberger an Alois Rheinberger, 19. Dezember 
1911: «Es war nicht schon, nicht gut gewesen, lieber Herr Vetter, was ich von dieser 
armen, armen Erde gehört u. gesehen [...]». 
133 Siehe Rudolf Rheinberger, «Rheinberger, Maxentia», in: HLFL, S. 763. 
134 Siehe Rudolf Rheinberger, «Rheinberger, Theresia», in: HLFL, S. 764. 
135  Siehe Josef Hiirlimann, «Rheinberger, Hermine», in: HLFL, S. 760; Brunhart-Ei- 
chele, Hermine Rheinberger. 
136  Siehe Harald Wanger, «Hoffnaass, Fanny [Franziska] von», in: HLFL, S. 365. 
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