Klaus Biedermann
Staatsbürgerrecht auch durch Eintritt in den öffentlichen Dienst erwor-
ben werden.* Dies bot manchen ausländischen Männern die Möglich-
keit, durch die Leistung von Militärdienst die liechtensteinische Staats-
bürgerschaft und damit das Heimatrecht in einer liechtensteinischen
Gemeinde zu erlangen.
Da der Militärdienst sehr unpopulär war, versuchten andererseits
einige liechtensteinische Männer, sich der Militärpflicht zu entziehen.
Dies geschah oft durch Stellung eines Ersatzmanns, der «Einsteher»
genannt wurde. Die Rekrutierung von Einstehern erfolgte durch Ein-
zelpersonen, aber auch durch die Gemeinden selbst, denn jede Ge-
meinde hatte eine gewisse Anzahl an Militärdienstpflichtigen zu stellen.
In mehreren Fällen versprachen die entsprechenden Gemeinden «ihren»
Einstehern das Heimatrecht oder gar das volle Bürgerrecht in ihrer Ge-
meinde.’
Der vorliegende Beitrag skizziert exemplarisch drei Fälle von mit-
tellosen Männern, die eine Lebensperspektive suchten und deswegen
eine Zeit lang Militdrdienst leisteten.® Der erste Fall aus dem späten
18. Jahrhundert handelt von einem in Liechtenstein getauften, nicht-
sesshaften Mann, der sich bei einem Besuch in seiner Taufgemeinde
Eschen ein gröberes Vergehen zuschulden kommen liess. Die Behörden
bemühten sich, ihn zur Strafe und Disziplinierung in den Militärdienst
ins Ausland zu bringen, zumal der Mann bereits zuvor in einem Kon-
tingent in Süddeutschland gedient hatte. In den beiden anderen Fällen
aus dem 19. Jahrhundert handelt es sich um Männer, die, aus ärmlichen
Verhältnissen in Vorarlberg stammend, eine gewisse Zeit im liechtenstei-
nischen Militärkontingent dienten. Dem einen Soldaten, der in Mauren
als Einsteher fungierte, wurde die Einbürgerung in dieser Gemeinde
zugesichert, diese Zusicherung dann aber wieder teilweise zurückge-
nommen. Der andere Soldat, der innerhalb des Kontingents sogar beför-
dert worden war, wurde wegen Diebstahl aus dem Kontingent entlassen.
4 Siehe dazu Biedermann, Einbürgerungen in Liechtenstein, S. 68.
5 Siehe Quaderer-Vogt, Militärgeschichte, S. 119-121.
6 Der Beitrag basiert auf Quellen aus dem Liechtensteinischen Landesarchiv in
Vaduz. Ergänzend dazu wurden Daten aus Pfarrbüchern berücksichtigt. Bei Zitaten
aus den Quellen wurde das scharfe «ß» durch das heute in der Schweiz und in
Liechtenstein übliche «ss» ersetzt, ebenso wurden Abkürzungen nach Möglichkeit
ausgeschrieben.
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