Martina Sochin D’Elia
in erster Linie die Regelhaftigkeit und Stabilitit der Institution verdeut-
lichen, gleichzeitig aber auch einen Geltungsanspruch fur die Zukunft
postulieren.
Darüber hinaus dienen Jubiläen auch als Legitimationsgrundlage
für vergangenes Handeln. Oder um es in den Worten von Emil Brix aus-
zudrücken: «Gegenwärtige Gemeinsamkeit braucht historische Legiti-
mation».!* Jubiläen haben also eine identitätsstiftende Funktion, indem
sie an eine gemeinsame Vergangenheit erinnern. In der Literatur werden
Jubiläumsfeiern in ihrer Möglichkeit zur Schaffung einer gemeinsamen
Identität in erster Linie für unterschiedliche Gruppierungen mit einem
untereinander abweichenden Verständnis der Vergangenheit gesehen.‘
Eine identitätsstiftende Funktion kann sich aber auch über Staatsgren-
zen hinweg ergeben, etwa ım Sinne einer Stärkung des Zusammenhalts
der beiden Partner, womit «Identität» eine grenzüberschreitende Kom-
ponente erhält.
Ausserdem sind Jubiläen auch ein strategisches Instrument zur
«historischen Neujustierung»'°. In diesem Sinn muss sowohl nach dem
Erinnern wie gleichzeitig auch nach dem Vergessen gefragt werden. Erst
recht, wenn das freundschaftliche und partnerschaftliche Verhältnis sich
durchaus auch konfliktreichen Herausforderungen gegenübergestellt sah.
Liechtenstein feiert den Zollvertrag
An die Unterzeichnung des Zollvertrags erinnert man sich in Liechten-
stein gerne. Die beiden Landeszeitungen — das Liechtensteiner Volks-
blatt und das Liechtensteiner Vaterland” — haben früh damit angefangen,
die Zollvertragsjubiläen zu würdigen. Beide Zeitungen widmeten sich
13 Siehe Müller, Vom «papistischen Jubeljahr» zum historischen Jubiläum, S. 29-30.
14 Brix, Kontinuität und Wandel im öffentlichen Gedenken, S. 13.
15 Siehe dazu die verschiedenen Beiträge in Brix/Stekl, Der Kampf um das Gedächt-
nis. Zur identitätsstiftenden Funktion von Jubiläen aus liechtensteinischer Perspek-
tive, nämlich den sogenannten Gründungsjubiläen Liechtensteins, siehe Vogt, «...
das Band weben, welche Fürst und Volk enger verbindet».
16 Sabrow, Jahrestag und Jubiläum in der Zeitgeschichte, S. 21. Siehe auch Müller, Das
historische Jubiläum, S. 2-3.
17 Seit 1936 trägt die Zeitung den Namen Liechtensteiner Vaterland, vorher Liechten-
steinische Nachrichten (1924 bis 1935), sowie Oberrheinische Nachrichten (bis 1923).
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