Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Bodenreform in der Tschechoslowakei 
Es ist zu beobachten, dass die Familie beschlossen hatte, von einem Kon- 
frontationskurs abzusehen. Trotz verschiedener Unstimmigkeiten 
strebte sie eine Einigung mit dem Bodenamt an. Grund für die Zuge- 
ständnisse war die Bereitschaft des Bodenamts, dem Haus Liechtenstein 
bis zum 30. September 1935 den Rest des Grossgrundbesitzes Hohen- 
stadt (3600 ha unter Ausschluss von 700 bis 800 ha), weitere Waldflächen 
auf dem Grossgrundbesitz Mährisch Sternberg (1700 ha) und ausserdem 
213 ha Wald vom Grossgrundbesitz Neuschloss zur Nutzung zu über- 
lassen. Zudem durften die Liechtenstein bis 1935 auch den Grossgrund- 
besitz Butschowitz-Schdanitz nutzen, worüber sie sich allerdings mit 
dem zukünftigen Erwerber, dem Mährisch-Schlesischen Landesaus- 
schuss in Brünn, formal einigen sollten. Für den Fall, dass die Stadt Ol- 
mütz die für sie vorgesehenen Wälder auf den Gütern Mährisch Aussee, 
Neuschloss und Mährisch Sternberg nicht kaufen konnte, hatte das Bo- 
denamt auch hier keine Einwände gegen eine weitere Nutzung durch die 
Familie Liechtenstein.” Die angeführten Grossgrundbesitzungen wur- 
den nicht enteignet, die Familie Liechtenstein konnte also eine weit grös- 
sere Domäne behalten, als in der Generalvereinbarung von 1930 vorge- 
sehen gewesen war. Auf dem Gut Hohenstadt kam es am Ende nicht ein- 
mal zur Herausnahme der vorgesehenen 700 bis 800 ha.°° Im Dezember 
1932 rechnete das Bodenamt bereits damit, dass dem Hause Liechten- 
stein nicht die in der Generalvereinbarung festgelegten 48 708 ha, son- 
dern 52 539 ha zeitlich beschränkt beziehungsweise dauerhaft verbleiben 
würden. Es fügte hinzu, dass die Verhandlungen weitergehen sollten und 
noch mehr Land im Familienbesitz bleiben könnte.” 
Es ist offensichtlich, dass der tschechoslowakische Staat beschlos- 
sen hatte, dem Hause Liechtenstein hinsichtlich der Grösse der zu ent- 
eignenden Fläche entgegenzukommen. Insgesamt fielen der Reform 
91 500 ha zum Opfer, das sind 57 Prozent der ursprünglichen Ausdeh- 
nung des Eigentums der Primogenitur und um 20 000 ha weniger, als die 
Generalvereinbarung vorgesehen hatte. Das Haus Liechtenstein konnte 
  
55 MLA, F 28, Karton 261, Vereinbarung vom 4. November 1932. 
56 Laut der liechtensteinischen Evidenz hatte der Grossgrundbesitz 1945 immer noch 
eine Grosse von 3600 ha (LI LA, V 134/38, Note of August 30, 1945 to the Check- 
oslovakian [sic!] government). 
57 AAM, Fonds Juristische Sektion VI., 1918-1945, Karton 455, I. Einlage zu 
Nr. 138.931/32/11-3., Dezember 1932 (ohne Tagesangabe). 
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