Zur Herkunft des Landesverwaltungspflegegesetzes
gesetz vom 21. April 1922 datiert und am 12. Juli 1922 in Kraft trat,
kommen die österreichischen Entwürfe ab 1922 als Rezeptionsvorlagen
zeitlich nicht mehr infrage. Alle Vorentwürfe hingegen, die bis und mit
April 1922 erarbeitet worden waren, sind grundsätzlich als mögliche
Rezeptionsvorlagen in Betracht zu ziehen.!!
In Österreich-Ungarn beziehungsweise Österreich verliefen die
Entwicklungen — soweit sie für die Entstehung des Landesverwaltungs-
pflegegesetzes bedeutsam sind —, folgendermassen: Nachdem sich seit
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, auch im Zusammenhang mit
der Errichtung des Verwaltungsgerichtshofes 1876, diverse, teilweise
weit gediehene Bemühungen um Verwaltungsreformen nicht hatten
durchsetzen können,!? wurde 1911 in einem weiteren Anlauf die «Kom-
mission zur Förderung der Verwaltungsreform» eingesetzt.!* Sie schuf
zwei Vorentwürfe für ein neues, einheitliches Verwaltungsverfahren: (i)
einen 1913 verfassten Vorentwurf des Kommissionsvorsitzenden Erwin
von Schwartzenau!* und (ii) einen 1914 erarbeiteten Vorentwurf von
Edmund Bernatzik®. Formell lief der Auftrag der Kommission Ende des
Jahres 1914 ab und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges verhinderte,
dass sie mit der Weiterführung ihrer Arbeiten betraut wurde. Das Kom-
missionsbüro aber bestand fort und die verschiedenen Bemühungen um
verwaltungsrechtliche Reformen kamen zumindest informell keines-
wegs zum Erliegen. Sie lebten formell wieder auf, als 1917 das «Ständige
Komitee für Verwaltungstechnik und Verfahren» geschaffen wurde, wel-
11 Dies, obwohl die bisherige Rekonstruktion genau genommen nur jene Vorentwürfe
aus der Zeit zwischen 1911 und 1914 als mögliche Rezeptionsvorlagen benennt.
12 Siehe Mell, Verwaltungsreform, S. 193-197.
13 Mell, Verwaltungsreform, S. 197 mit weiteren Hinweisen.
14 «Entwurf einer Verordnung der Minister des Innern, für Kultus und Unterricht, des
Handels, für öffentliche Arbeiten, der Eisenbahnen, des Ackerbaus und für Lan-
desverteidigung VOM .........ccc..... , mit der eine Geschiftsordnung der k. k. Be-
zirkshauptmannschaften erlassen und Grundsätze des Verfahrens vor den politi-
schen Behörden festgestellt werden» (AT-OeStA, AVA, Inneres MR-Präs, VRK A 16,
1914). Siehe dazu Hasiba, Kommission, S. 254-257 mit weiteren Hinweisen unter
anderem (S. 254 Anm. 85) als zeitgenössische Quelle auf die Wiener Zeitung vom
16. Januar 1914, S. 5-6, und die Wiener Zeitung vom 23. Januar 1914, S. 12-14, je-
weils ausführlich zum Inhalt des Vorentwurfes.
15 «Entwurf eines Gesetzes über die Einführung einer Verwaltungsjurisdiktion» (AT-
OeStA, AVA, Inneres MR-Präs, VRK A 15, Jahresberichte Bd. 44, 1914).
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