Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Wilfried Marxer 
initiative, die unter dem Titel «Für Verfassungsfrieden» auftrat und im 
Wesentlichen eine Beschränkung der Kompetenzen des Fürsten vorsah, 
kam mit 2199 gültigen Unterschriften zustande. Die Zahl der Unter- 
schriften für beide Initiativen entsprach beinahe der Hälfte aller Stimm- 
berechtigen, wobei sicher einige die Unterschrift unter beide Initiativen 
setzten. Die Lager waren jedoch in einer Art gespalten, wie es in der 
liechtensteinischen Abstimmungsgeschichte selten der Fall war. Die 
Trennlinie in der Wählerschaft ging nicht entlang der Parteigrenzen, wie 
es in der Vergangenheit oft der Fall gewesen war. Diesmal ging der Riss 
quer durch die Gesellschaft, also auch durch bestehende soziale Netze, 
durch Verwandtschaften und Familien. Die Abstimmungskampagne 
wurde sehr emotional geführt, während über die einzelnen Verfassungs- 
artikel, die abgeändert werden sollten, kaum diskutiert wurde. Die 
Abstimmungskampagne steuerte auf die Grundsatzfrage «pro oder con- 
tra Monarchie?» zu, ohne dass die Abschaffung der Monarchie tatsäch- 
lich zur Debatte stand.” 
Das Ergebnis der Volksabstimmung vom 14./16. März 2003 über 
die beiden Vorlagen war eindeutig. Die Vorlage des Fürstenhauses fand 
die Zustimmung von 64,3 Prozent,” sodass die zahlreichen Verfassungs- 
änderungen am Tage der Kundmachung, also am 15. September 2003, in 
Kraft treten konnten. Die Vorlage «Verfassungsfrieden» erreichte ledig- 
lich 16,6 Prozent Zustimmung.® Sie wurde von vielen als Angriff auf die 
Monarchie und als Misstrauensvotum gegen die fürstliche Familie auf- 
gefasst und hatte an der Urne keine Chance. 
2012 flammte die Diskussion in ähnlicher Schärfe wieder auf. 
Anlass war eine Volksinitiative der «Demokratiebewegung in Liechten- 
stein» zur Abänderung der Verfassung, die unter dem Titel «Ja — damit 
deine Stimme zählt» das Vetorecht des Fürsten schmälern wollte.® Der 
Fürst sollte das Sanktionsrecht verlieren, wenn das Volk einer Gesetzes- 
oder Verfassungsvorlage mehrheitlich zugestimmt hatte. Auslöser war 
die Volksabstimmung über eine Gesetzesinitiative zur Liberalisierung 
  
78 Zum Kampagnenverlauf und der Kampagnenkommunikation Marcinkowski/Mar- 
xer, Öffentlichkeit; Marcinkowski / Marxer, Politische Kommunikation. 
79 Biedermann, 150 Jahre Landtag, S. 156-157; Amt für Statistik, T_10.2.07. 
80 Biedermann, 150 Jahre Landtag, S. 157; Amt für Statistik, T_10.2.07. 
81 Marxer, Volksabstimmung. 
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