Volksabstimmungen über die Verfassung
mung vom 14. Februar 1932, wohl weitgehend mit den Stimmen der
Anhängerschaft der Bürgerpartei. Die Volkspartei hielt an ihrer Kritik
am Wahlsystem weiter fest und lancierte 1935 erneut eine Volksinitiative
zur Einführung eines Proporzwahlrechts sowie einer ständestaatlichen
Ordnung.” Dieses Ansinnen endete am 30. Mai 1935 wieder mit einer
Niederlage, aber immerhin stimmten dieses Mal etwas mehr als 47 Pro-
zent? der Vorlage zu, mit welcher unter anderem das Proporzsystem
eingeführt worden wäre.
Die Auseinandersetzung über das Wahlsystem war nur ein Streit-
punkt unter manch anderen in der bedrohlichen Zeit der 1930er-Jahre.
Die zweibändige Monografie von Peter Geiger zeigt eindrücklich auf,
mit welcher Schärfe der Streit zwischen den Parteien über das Wahl-
recht sowie über viele weitere innenpolitische Fragen, etwa über
Beschäftigungsmassnahmen und über die Arbeitsvergabe, ausgetragen
wurde. Nicht zuletzt führten auch das Verhältnis zum nationalsozialis-
tischen Deutschland und der aussenpolitische Kurs der Regierung zu
Kontroversen.
In dieser staatspolitisch äusserst heiklen Lage einigten sich die bei-
den Parteien schliesslich auf die Einführung eines Proporzwahlrechts,
welches 1939 in Kraft trat.” Wie bei der Einführung der neuen Verfas-
sung von 1921 ist es auch hier wieder erstaunlich, dass über das neue
Wahlgesetz keine Volksabstimmung angeordnet wurde. Wiederum
konnte ein Elitenkonsens — oder eher ein Elitenkompromiss — erzielt
werden. Sicher wollte man diesen Konsens nicht durch öffentliche Aus-
einandersetzungen und Abstimmungskampagnen gefährden. Denn
immerhin war die nationalsozialistische Bedrohung von aussen wie auch
von innen ein akutes Thema und verlangte nach einer Minimierung der
innenpolitischen Querelen zwischen den beiden dominierenden Parteien.
An dieser Stelle kann ergänzt werden, dass es auf Basis des neuen
Wahlsystems erst 1945 zu Wahlen kam, als das Ende des Zweiten Welt-
krieges absehbar war. Die eigentlich regulär fälligen Wahlen von 1940
wurden auf 1939 vorgezogen und in Form von sogenannten stillen Wah-
27 Geiger, Krisenzeit, Bd. 1, S. 415—420.
28 Vogt, 125 Jahre Landtag, S. 240; Amt für Statistik, T_10.2.01.
29 Geiger, Krisenzeit, Bd. 2, S. 321-326.
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