Bei hartnäckiger Widersetzlichkeit oder Auflehnung kann auch der behördliche Schutz
in Anspruch genommen werden, nach Umständen ist durch den Gemeinderath die
Entlassung zu beschliessen.“
Die Hausordnung war also mit Mitteln zur Disziplinierung und zur „Erziehung“ der
Insass_innen ausgestattet.
Die Anhaltung zur Führung eines gottgefälligen Lebens, insbesondere die Liebe zum Gebet,
bildete den Rahmen des Anstaltsalltags. So waren die Armen dazu angehalten, morgens, abends
und bei Tisch gemeinschaftlich zu beten.*”> An den Sonn- und Feiertagen sind die Armen dazu
verpflichtet dem „vor- und nachmittägigen Gottesdienste beizuwohnen.“*”’° Für die, die nicht
in der Lage waren in die Kirche zu gehen, sollte gesorgt werden, dass ihnen „das auf diese Zeit
fallende Evangelium vorgelesen werde.“ ?”” Ebenfalls wurde vorgeschrieben, dass viermal
jährlich zur Beichte und heiligen Kommunion zu gehen wäre. Sollte ein Armer über kein
eigenes Gebetsbuch verfügen, so ist ein solches vom Haus zur Verfügung zu stellen. Weiters
waren insbesondere den Kranken von den Schwestern passende Stücke zur Erbauung der
Kranken vorzulesen.
Nicht nur das Gebet wurde in der Gemeinschaft abgehalten, auch die Mahlzeiten. „Gesunde
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Hausmannskost“’’® wurde gemeinsam eingenommen sowie zur selben Zeit zu Bett gegangen
und aufgestanden. Dabei war es „strengstens verboten unter Tags, oder angekleidet ins Bett zu
gehen.“?”? Diese Regeln trafen lediglich auf die „gesunden Armen“, da im Krankheitsfall es
nicht unbedingt möglich war, diese zu befolgen.
Der vorgesehene Tagesablauf gestaltete sich wie folgt und orientierte sich an dem
„klösterlichen Wechsel von ora et labora“*®:
„Um 5 % Uhr Aufstehen, im Winter etwas später nach Anordnung der Frau Mutter.
Um 5 % Uhr Morgengebet. Um 6 Uhr Frühstück. Nach demselben machen jene, welche
im Stande sind ihre Betten und räumen ihre Zimmer. Die arbeitssuchigen Mannspersonen
gehen an ihre Arbeit.
7 V% Uhr Handarbeit für die Arbeitsfähigen.
10 % Uhr Tischgebet nebst einem Vaterunser und Ave Maria für die Stifter und
Wohlthäter dieser Armenanstalt. Dann Mittagessen.
Nach diesem begebe sich jedes wieder zu der ihm zugewiesenen Arbeit.
375 GAS 17/10 Hausordnung für die Armenanstalt der Gemeinde Schaan. $11.
376 GAS 17/10 Hausordnung für die Armenanstalt der Gemeinde Schaan. $11.
377 GAS 17/10 Hausordnung für die Armenanstalt der Gemeinde Schaan. §11.
378 GAS 17/10 Hausordnung fiir die Armenanstalt der Gemeinde Schaan. §14.
37% GAS 17/10 Hausordnung fiir die Armenanstalt der Gemeinde Schaan. §15.
380 Vanja, Orte der Verwahrung — Metaphern und soziale Wirklichkeit, 39.
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