4.3 Maßnahmen gegen die Armut
4.3.1 Hochzeiten & Ehekonsens
Um der grassierenden Armut entgegenzuwirken, wurden durch Gemeinde und Land diverse
Maßnahmen getroffen. Diese zeichneten sich besonders durch ihren präventiven Charakter aus.
So schrieb die Polizeiordnung von 1577 vor, wer wie viele Leute zu seiner Hochzeit einladen
dürfe. Ärmeren Personen war es nicht gestattet mehr als 12 Personen zum Hochzeitsmahl zu
laden und reicheren nicht mehr als 30-40. Die maximale Dauer für diese Festlichkeiten wurde
auf zwei Tage festgelegt. Dadurch sollten auch Ärmere vor einer Verschuldung durch dieses,
oftmals noch einmalige Fest, bewahrt werden. Gleichfalls wurden die Nach- oder Gesellentage
abgeschafft, dies bei einer Buße von fünf Pfund. Auch die Geschenke wurden durch das
Polizeigesetz beschränkt und eine Nichteinhaltung unter Strafe gestellt. „So sollen alte
Personen höchstens 1 fl., Wittwen und Wittfrauen höchstens 8 Batzen, ein Junggesell oder eine
Jungfrau höchstens 4 Batzen schenken dürfen, bei einer Buße von 5 Pfund.“ !*7
Im Bereich der Ehe gab es noch weitere Maßnahmen, die im Sinne der Prävention zu betrachten
sind. Schließlich durfte nicht jedeR sich das Ja-Wort geben, wenn die Einkommensverhältnisse
nicht dazu geeignet erschienen. „Der im Jahr 1804 in Liechtenstein eingeführte Ehekonsens
erlaubte es den Behörden, mittellosen Paaren das Heiraten zu untersagen.“!*® In diesen Fällen
versuchte man im Ausland zu heiraten, denn „die Ehe war dabei nicht nur ein religiöses
Sakrament, sondern von großer gesellschaftlicher Bedeutung. Ohne Ehebewilligung konnte ein
Vater sein Bürgerrecht nicht an die Kinder weitergeben, unehelichen Verbindungen
entstammende Kinder waren nicht erbberechtigt.“ !*” Nicht verheiratet zu sein war, in diesem
Sinne, ein schlechter Leumund.
So wurde etwa dem Wittwer A. F., wohnhaft in der Schweiz, die Heiratsbewilligung so lange
verweigert „bis er die Einkaufstaxe von 80 fl und das für seine ins Armenhaus aufgenommenen
vier Knaben bis jetzt anlaufende Kostgeld bezahlt hat.“!°° Die Verehelichungsbewilligung für
L. K. wurde vorerst nicht genehmigt, da er sich „bis anher durch Häuslichkeit nicht besonders
empfohlen habe. “!°! Hinzu kam, dass seine Braut eine Protestantin war und Kinder aus erster
47 Kaiser/Brunhart, Geschichte des Fiirstenthums Liechtenstein. Bd. 1 379, K. 345.
8 Biedermann, Aus Überzeugung, 150.
19 Biedermann, Aus Überzeugung, 150.
150 GAS Gemeinderatsprotokoll 23. Oktober 1885. Auch im Fall von S. Q. wurde die Heiratsbewilligung an die
Zahlung der noch ausstechenden Verpflegungsgelder aus seiner Zeit im Armenhaus gekoppelt. Hierzu GAS
Gemeinderatsprotokoll 1. April 1909. So auchim Fall von A. F., der die von der Gemeinde erhaltene Unterstiitzung
zuriickzuzahlen hatte. GAS Gemeinderatsprotokoll 13. Februar 1914.
I GAS Gemeinderatsprotokoll 3. Februar 1866.
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