zwischen den oberamtlichen Dekreten und den Vorstellungen und Handlungen der
Bevölkerung damit begründet werden, dass für die ‚einfache‘ Bevölkerung das Auf-den-Bettel-
gehen nichts Unbekanntes war und so eine gewisse Solidarität zu tragen kam. Während die
Besitzenden und die Obrigkeit „die Armut partiell und den Bettel insgesamt als ‚Müßiggang‘
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definierten,”"”" wurde diese Ansicht, von den armen Leuten nicht akzeptiert, sondern vehement
zurückgewiesen.“ 138
Wanner sieht in diesem passiven Widerstand der Bevölkerung und den fehlenden finanziellen
Mitteln das „Scheitern eines bemerkenswerten Planes zur Errichtung eines Arbeitshauses“. !*?
1793 trat das Oberamt bezüglich finanzieller Unterstützung für ein solches Projekt an die
Geistlichen des Landes heran. Sie würden „selbst schon über die [...] herumschwärmenden
Bettler maßleidig gewesen sein, und gewünscht haben, daß auf was immer für eine Art dem
Übertrang Einhalt geschehen möchte. Es wäre noch alles zu ertragen, wenn es arme Leute
wären, welche aus Noth dem Allmosen nachgehen müssten; allein die mehrsten unter ihnen
sind Junge starke Leute, die nur dem Müssiggang nachziehen, Leute, die die Arbeit fliehen, sich
lieber auf das Herumschwärmen, Betteln und Stehlen verlegen, wo sie neben zu noch der
abscheulichste Leben führen und alle Leute begehen.“ !*° Das zu errichtende Arbeitshaus sollte
den Leuten „wer sie auch immer seyn mögen Arbeit und einen ehrlichen Unterhalt
verschaffen.“!*! Das Oberamt zweifelte nicht, dass durch eine solche Anstalt der Schwarm der
Bettler das Land verlassen würde, “weil sie die Arbeit fliehen und lieber im Müssiggang herum
ziehen“. !*? Obwohl in erster Instanz die weltlichen und geistlichen Herren nicht zu begeistern
waren, sprach sich die Geistlichkeit dann doch für ein solches Projekt aus. Mit einem Beitrag
von 2 Louisdor oder 22 Gulden jährlich, war sie bereit ein Arbeitshaus zu unterstützen. Pfarrer
Johann Baptist Schreiber aus dem Triesenberg sticht mit seiner Begeisterung für dieses Projekt
heraus. Schließlich befasste sich dieser bereits mit dem Plan, das in Vorarlberg liegende
Nonnenkloster Valduna bei Rankweil, welches als Kloster aufgehoben worden war, in ein
Arbeitshaus umzuwandeln. „Die Widmung sollte durch Österreich geschehen, der
37 Bräuer, Armenmentalität in der Frühen Neuzeit, 29.
18 Bräuer, Armenmentalität in der Frühen Neuzeit, 29.
39 Wanner, Aspekte, 480.
MOLILA RA 24/3/1: An die geistlichen Herren im Fürstenthum Liechtenstein. 10. Januar 1793 -Errichtung eines
Arbeitshauses.
MILILARA24/3/1: An die geistlichen Herren im Fiirstenthum Liechtenstein. 10. Januar 1793 — Errichtung eines
Arbeitshauses.
12 Wanner, Aspekte, 480. Siche auch: LI LA RA 24/3/2: An die beiden Landaminner- Errichtung eines
Arbeitshauses 11. Janner 1793.
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