stieg. Man bedenke an dieser Stelle, dass gut 70 Prozent der Nahrungsmittel auf Getreide
basierten. Dementsprechend war es für einen Großteil der Bevölkerung ein Ding der
Unmöglichkeit sich mit den Grundnahrungsmitteln einzudecken, weshalb sich manche dazu
genötigt sahen, in Misthaufen nach ‚Nahrung‘ zu suchen, wie uns Albert Schädler berichtet.
Während in Vorarlberg und der Schweiz öffentliche Suppenanstalten als Hilfsmaßnahmen
errichtet wurden, ist dies für Liechtenstein nicht nachgewiesen. !!8
3.4 Erscheinungsform der Armut / Bettel & Bettelstreifen
Der um sich greifende Krieg und die innenpolitischen Auseinandersetzungen in Frankreich
trugen mit dazu bei, dass auch in Liechtenstein gegen Ende des 18. Jahrhunderts das „fremde
Gesindel‘“ zunahm. Während die Bevölkerung Fahrenden oder Bettelnden oftmals Schutz bot,
sah das Oberamt, sprich die Behörden, darin ein riesiges Gefahrenpotential. Mehr als nur
„Streifereyen und Diebstähle‘“ befürchteten die Behörden auch das Potential für „gräuliche
Mordthat[en]“.'!? So hielt auch die „auf dem Reichstage zu Frankfurt entworfene und allen
Reichsständen zur Nachachtung aufgetragen[e]“!?° Polizeiordnung von 1577 Einzug in die
„Policey- und Landts-Ordnung“. Ganz im Sinne Luthers!?! wurde bei den inländischen Bettlern
zwischen den alten, kranken Armen und den gesunden, „arbeitsfähigen‘“ unterschieden:
3”
„Was die inländischen Bettler angeht, insonderheit solche, die sich Alters und Krankheit
halb nicht mehr ernähren können, so soll die Gemeinde, in die sie gehören, dieselben
erhalten und würde die Spende nicht so viel ertragen, so soll alle Sonn- und Feiertag der
Pfarrer auf der Kanzel der Armen gedenken und die Spendmeister mit einem offenen
Schüsselein Almosen sammeln in der Kirche und jeder gebe nach seinem Willen. Der
Armen und Bresthaften sich anzunehmen und sie geziemend zu versorgen, wird jeder
Gemeinde empfohlen und alle werden aufgefordert bei Christenpflicht, solchem
gottgefälligen Werke nachzukommen.“ 1??
Ohne Anspruch auf Unterstützung blieben die, „die gesund und stark sind und arbeiten
können“. Arbeitsfähigen Kindern war der Bettel verboten, Eltern, die ihrer Aufsichtspflicht
nicht nachkamen, sollten zur Rechenschaft gezogen werden. Die Versorgung von Fremden mit
Speis und Unterkunft für länger als eine Nacht stand unter Strafe von einem Pfund. Weiters
U8 Veits-Falk, Weif3, Armselig sicht es aus, 217.
119 Zit. Nach. Veits-Falk, Wei, Armselig sicht es aus, 222.
120 Kaiser/Brunhart, Geschichte des Fiirstenthums Liechtenstein. Bd. 1, 376 /K. 342.
21 Veits-Falk, Weif3, Armselig sieht es aus, 221.
122 Kaiser/Brunhart, Geschichte des Fiirstenthums Liechtenstein. Bd. 1, 381 /K 347.
123 Ebd.
22