Gemeinderat, welcher mit ‚Vertretung und Leitung’ der Gemeinde betraut war. Dieser setzte
sich, je nach GroBe, aus drei bis sieben Gemeinderiten, dem Ortsvorsteher und dem Kassier
zusammen.”
Aufgrund des neuen Gemeindegesetzes erhielt die Gemeinde Einfluss auf das Schul- und
Armenwesen sowie mit dem 1870 erschaffenen Kirchenrat auf die Verwaltung des
Kirchengutes.°® Vogt hält fest, dass „alles was mit Belastungen für die Untertanen verbunden
war, [...] weitgehend der Gemeinde übertragen [wurde] °° Mit 87 des neuen
Gemeindegesetzes werden die Bewohner innen einer jeden Gemeinde in drei Kategorien
unterteilt: Bürger, Niedergelassene und Fremde. Den ehemaligen Hintersassen®® wurde mit
dem Gemeindegesetz ein einfaches Bürgerrecht zugesprochen, außer sie bestritten die in $27
festgehaltene Einkaufstaxe um ein volles Bürgerrecht zu erlangen. Die Kategorie Hintersasse
wurde mit dem hier behandelten Gemeindegesetz abgeschafft, da laut §8 jeder
heimatberechtigte®! Hintersasse das Bürgerrecht an seinem Wohnort erhielt, man konnte nur in
einer Gemeinde des Landes das Bürgerrecht innehaben. Heimatlose wurden im Notfall vom
Landgericht zugewiesen und gleich den Hintersassen aufgenommen. Mit dem vollen
Bürgerrecht gehen, neben dem aktiven und passiven Stimmrecht, Vorteile (wie Rechte an
Gemeindegütern und Realitäten) einher, andererseits müssen auch die Gemeindelasten getragen
werden.
Unter den Niedergelassenen verstand man „liechtensteinische Staatsbürger und
“62 die in der Gemeinde mit eigenem Haushalt lebten, jedoch ohne
Nichtstaatsbürger
Bürgerrecht waren. Solange sie sich selbst erhalten konnten und frei von Schuld waren, konnte
ihnen der Aufenthalt nicht verweigert werden. Die niedergelassenen Nichtstaatsbürger waren
bezüglich der Rechte und Pflichten den niedergelassenen Staatsbürgern gleichgestellt, nur
blieben sie von den Gemeindeversammlungen und Wahlen ausgeschlossen. Als Fremde galten
alle Nichtstaatsbürger, die sich vorübergehend im Fürstentum aufhielten. Sie kamen nicht in
37 Geiger, Geschichte, 319.
# Geiger, Geschichte, 319. Gemeindegesetz vom 30. Juni 1864. §4.
5 Vogt, Staatliche Organisation und Verwaltung, 96.
0 Hintersasse: „Dorfbewohner ausserhalb des gemeindlichen Bürgerrechts, die als unterbäuerliche Schicht sowohl
bei den Teilhaberechten an der Allmende als auch bei den politischen Rechten stark minderberechtigt waren. [Sie]
zahlten der Herrschaft für ihr Niederlassungsrecht eine einmalige Einkaufsgebühr oder eine jährliche Abgabe, das
„Hintersässgeld“.“ Marquart, Hintersassen. In: HLFL. Bd.1, 360.
61 Als heimatberechtigt haben zu gelten, jene a) welche mit ihren Familien ununterbrochen durch mehr als
dreissig Jahre in der Gemeinde wohnen; b) durch die ganze Zeit ihres Aufenthaltes mit keinem Heimatschein
versehen waren und c) sich mit Zustimmung des Ortsvorstandes ihres Wohnortes verchelichten oder fiir die
Gemeinde Militärdienst leisteten. 3) Die übrigen Hintersassen sind von nun an als Niedergelassene zu behandeln.“
88 Gemeindegesetz vom 24. Mai 1864.
62 §32 Gemeindegesetz vom 24. Mai 1864.
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